In den letzten Jahren ist mir aufgefallen, dass in den USA immer wieder über die Auswirkungen von Lichtverschmutzung auf Vögel diskutiert wurde. Bei uns hingegen scheint das Thema noch wenig Aufmerksamkeit zu bekommen. Dabei gibt es inzwischen handfeste wissenschaftliche Belege dafür, dass künstliches Licht in der Nacht Vögeln ernsthaft schadet. Eine neue Studie zeigt jetzt: Selbst häufige Arten wie die Kohlmeise haben mit den Folgen zu kämpfen.
Schlaflose Nächte im Nistkasten
Die Forschenden untersuchten, wie sich Lichtverschmutzung auf brütende Kohlmeisen auswirkt. Dazu verglichen sie Nistkästen in Wäldern mit Nistkästen in der Stadt. Das Ergebnis: Stadt-Kohlmeisen waren nachts unruhiger, veränderten häufiger ihre Position und verbrachten weniger Zeit damit, ihre Eier zu wärmen. Und das hatte Folgen: In der Stadt schlüpften deutlich weniger Jungvögel als im Wald.
Dass eine konstante Temperatur für die Entwicklung der Embryonen wichtig ist, ist keine Überraschung. Vögel müssen während der Brutzeit ihre Eier warmhalten, vor allem nachts. Doch dass die Unruhe der Eltern so einen großen Einfluss auf den Bruterfolg hat, zeigt, wie ernst das Problem ist. Die Wissenschaftler*innen stellten fest, dass in der Stadt der Bruterfolg um bis zu 60 Prozent sank, wenn die Vogeleltern nachts besonders unruhig waren. Ein Hauptverdächtiger für die Unruhe war schnell gefunden: künstliches Licht in der Nacht.
Was ist Lichtverschmutzung und wieso ist sie ein Problem?
Lichtverschmutzung bedeutet, dass natürliche Dunkelheit durch künstliche Lichtquellen verdrängt wird. Straßenlaternen, Schaufenster, Werbetafeln – all das sorgt dafür, dass unsere Nächte immer heller werden. Für viele Tierarten ist das ein Problem, denn sie sind darauf angewiesen, dass es nachts wirklich dunkel ist.
Besonders betroffen sind auch Zugvögel. Viele von ihnen ziehen nachts und orientieren sich dabei unter anderem an den Sternen. Doch unsere hell erleuchteten Städte können zu Verwirrung führen – gerade in bewölkten Nächten, wenn der Nebel das Licht reflektiert. Immer wieder fliegen Vögel gegen beleuchtete Gebäude oder verlieren auf ihrer Reise wertvolle Energie, weil sie durch Lichtquellen von ihren Zugrouten abgelenkt werden.
Aber auch Standvögel sind von der Lichtverschmutzung betroffen, weil ihr Tag-Nachtrhythmus gestört wird. So singen beispielsweise Amseln oder Rotkehlchen häufig nachts in der Umgebung von Straßenlaternen. An beleuchteten Orten sind viele Vogelarten morgens früher aktiv. Da sie aber den Tag nicht früher beenden, und nachts auch unruhiger sind, finden sie weniger Ruhe. Das schwächt sie auch am Tag.
Nachtaktive Flieger wie Eulen oder Fledermäuse leiden ebenfalls unter Lichtverschmutzung. Ihre Jagdstrategien sind oft auf natürliche Dunkelheit abgestimmt. Wenn es nicht mehr richtig dunkel wird, hat das Folgen für ihr Verhalten und letztlich für ihre Bestände.
Was können wir tun?
Lichtverschmutzung ist eins dieser Umweltprobleme, bei denen es mir kaum in den Kopf geht, dass wir es überhaupt noch haben. Denn: Wir könnten so leicht etwas dagegen tun. Und das hat nicht nur für Vögel positive Folgen, sondern auch für Stromrechnungen, Menschen und alle anderen Tiere um uns. Hier ein paar einfache Maßnahmen:
- Licht nur dort einsetzen, wo es wirklich gebraucht wird: Muss der Garten, das Schaufenster oder das Bürogebäude die ganze Nacht beleuchtet sein? In den allermeisten Fällen lautet die Antwort: nein. Also: Licht aus.
- Bewegungsmelder und Zeitschaltuhren nutzen: So brennt Licht nur, wenn es wirklich gebraucht wird. Aus den Dörfern kennt man es vielleicht noch, dass dort mitten in der Nacht das Licht ausgeht. Auch einige Städte experimentieren mit zeitgesteuerten Laternen, die mitten in der Nacht ausgeschaltet oder zumindest gedimmt werden.
- Lichtquellen anpassen: Warmes, gedimmtes Licht verwenden, denn grelles, kaltes Licht stört Tiere besonders stark. Empfehlenswert sind außerdem Lampen, die nach unten gerichtet sind und kein Licht nach oben abstrahlen.
Fazit: Zurück zur nächtlichen Dunkelheit
Die Studie zeigt, dass nicht nur seltene Arten auf dem Zug von Lichtverschmutzung betroffen sind. Dass selbst solch anpassungsfähige Vögel wie die Kohlmeisen Schwierigkeiten haben, sollte uns ein Alarmsignal sein. Aber es wäre so leicht, etwas dagegen zu unternehmen. Ich hoffe daher, dass das Thema Lichtverschmutzung bald auch bei uns mehr in den Fokus der öffentlichen Diskussion zu rücken. Denn klar ist: Dunkle Nächte sind nicht nur für Vögel wichtig – sie helfen auch uns Menschen, besser zu schlafen und ganz nebenbei im Schlag auch noch die natürliche Welt um uns herum zu bewahren.
Quellen
Capilla-Lasheras, P., R. J. Womack, C. L. O. McGlade, C. J. Branston, D. M. Dominoni & B. Helm (2025): It Pays to Sit Tight: Stable Night-Time Incubation Increases Hatching Success in Urban and Forest Great Tits, Parus major. Zoological Science 144–152. https://doi.org/10.2108/zs240063
Ratgeber: Störung durch Licht. Vogelwarte Sempach.
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