Ich gestehe: Als ich Kind war, fand ich tatsächlich bei einem Sonntagsspaziergang im Wald eine blau-schwarze Feder. Sie kam mir wie ein Schatz vor! Ein Glücksfund. Ich konnte gar nicht glauben, dass es so etwas Tolles in unseren Wäldern gibt und dass ausgerechnet ICH diese Feder gefunden hatte! Natürlich konnte ich diesen Schatz nicht zurücklassen und habe sie mitgenommen. Heute weiß ich: Das war verboten!
Was soll daran bitte verboten sein?
Viele sind überrascht, wenn sie zum ersten Mal hören, dass es verboten ist, Federn mitzunehmen. Eine einzelne Feder, die da so rumlag: Was soll daran schlimm sein? Das wirkt doch ganz harmlos. Aber tatsächlich ist das Sammeln von Federn in Deutschland gesetzlich verboten – zumindest wenn es sich um Federn geschützter Vogelarten handelt. Und das trifft auf fast alle heimischen Vögel zu. Aber bevor du dich jetzt über diese quatschige, kleinkarierte, völlig überzogene Regelung aufregst, lies bitte weiter.
Wer verbietet mir das?
Grundsätzlich darf kein wildlebendes Tier ohne vernünftigen Grund gestört, gefangen oder getötet werden (Allgemeiner Artenschutz). Dass man Federn nicht einfach einsammeln darf, ist in Paragraph 44 des Bundesnaturschutzgesetzes festgehalten, der den „besonderen Artenschutz“ regelt. Darin steht unter anderem, dass es verboten ist, wildlebende Tiere geschützter Arten zu fangen, zu verletzen oder zu töten und ihre Entwicklungsformen und Teile zu besitzen. Zu diesen „Teilen“ zählen Federn, ebenso wie Eier, Knochen und alles andere, was von Vögeln übrigbleibt.
Fast alle heimischen Vögel in Deutschland stehen – zum Glück! – unter Schutz. Das bedeutet, dass du auch die Feder einer Amsel, Elster oder eines Eichelhähers rechtlich gesehen nicht behalten darfst, auch wenn sie scheinbar „nur so rumliegt“.
Wenn du es mega genau wissen willst, welche Art jetzt wie geschützt ist, schau in WISIA nach, dem Wissenschaftlichen Informationssystem zum Internationalen Artenschutz.
Neben dem Naturschutzgesetz kann, je nach Situation, auch das Jagdrecht des jeweiligen Bundeslands greifen. Das regelt, was mit Tieren und deren Teilen in jagdlich genutzten Gebieten passiert. Federn gelten als Teil des Wildbestands und dürfen daher ohne Erlaubnis der Jagdpächterin/des Jagdpächters nicht einfach mitgenommen werden.
Warum gibt es dieses Verbot?
Auf den ersten Blick mag es übertrieben wirken: Eine einzelne Feder vom Waldboden mitzunehmen – was soll daran schlimm sein? Aber natürlich geht es nicht um die einzelne Feder, die du mitnimmst oder die ich damals als Kind mitgenommen habe, sondern um den Schutz der Vögel.
Auch wenn die Lebensrealität der meisten Menschen, die im Wald herumspazieren, eine andere ist: Der illegale Handel mit Federn ist ein großer, finanzstarker Markt – nicht erst seit Zeiten des Internets. Einzelne Federn können hunderte bis tausende Euro wert sein. Und das weckt nach wie vor Begehrlichkeiten, für die Vögel ihr Leben lassen müssen.
Einer einzelnen Feder sehen selbst Fachmenschen nicht an, ob sie sich auf natürlichem Weg vom Vogelkörper getrennt hat, ob der Vogel, von dem sie ursprünglich stammt, gegen einen Baum geprallt ist, illegal festgesetzt oder geschossen wurde. Auch wie alt die Feder ist, kann nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.
Um zu verhindern, dass ein Vogel für seine Federn getötet wird, muss also jeglicher Besitz von Federn unter Strafe gestellt werden. Wäre auch das unschuldige Mitnehmen nicht mit verboten, könnte ja jede*r behaupten, er/sie habe die Vogelfeder nur gefunden oder geerbt.
Eine Sammelleidenschaft, die Vogelleben kostet, und aus guten Gründen illegal ist, kann ich nicht nachvollzeihen.
Im Jahr 20217 wurde in der Schweiz ein Mann zu einem Jahr Gefängnis und zwei Jahren auf Bewährung verurteilt, der jahrelang in Museen in der Schweiz, Deutschland und Österreich Vogelfedern im Wert von 5,5 Millionen Euro geklaut hatte.
Von diesem und noch einem weiteren bizarren Fall erzählt dieser Artikel bei den Flugbegleitern.
Ein interessantes Interview über den Schwarzmarkt mit Federn kannst du dir hier bei Deutschlandfunk Nova anhören.

Typisch deutsch und total woke? Weit gefehlt!
Vielleicht verdrehst du jetzt die Augen und denkst: „Klar, voll kleinkariert, typisch deutsch!“. Aber weit gefehlt! Auch in anderen Ländern gibt es strenge Regeln rund ums Federsammeln – oft sogar noch schärfer als bei uns. Der Schutz von Vögeln und ihren Federn ist keine linksgrünversiffte, woke, deutsche Bürokraten-Spinnerei, sondern Teil eines globalen Naturschutzgedankens.
Schon Anfang des 20. Jahrhunderts schlugen Vogelfans Alarm, weil immer mehr Vogelarten gefährdet waren – unter anderem, weil Federschmuck an Hüten und Federsammlungen grade sehr in Mode waren. Und die Modeindustrie spazierte natürlich nicht durch den Wald und wartete darauf, dass sie mal ein ausgefallenes Federchen für ihre Hutkollektion fand. Nein, die schossen natürlich gleich den ganzen Vogel ab. Und den daneben auch gleich mit. Besonders spektakuläre und beliebte Federn wurden millionenfach gehandelt. Manche Vogelarten verschwanden dadurch fast ganz aus bestimmten Regionen.
Zum Schutz der Vögel wurden erste Gesetze erlassen, deren Nachfolger wir heute als Bundesnaturschutzgesetz (1976), das Washingtoner Artenschutzabkommen oder die Vogelschutzrichtlinie der EU kennen.
So trat in den USA bereits 1918 der Migratory Bird Treaty Act in Kraft. Das Gesetz verbietet ohne Ausnahmegenehmigung das Verfolgen, Jagen, Fangen, Töten oder Verkaufen von fast 1.100 aufgeführten Vogelarten. Bereits dieses Gesetz unterscheidet nicht zwischen lebenden und toten Vögeln und gewährt zudem vollen Schutz für alle Vogelteile, einschließlich Federn, Eier und Nester.
Alternative Ideen: Was du stattdessen mit Federn tun kannst
Auch wenn Federn sammeln verboten ist, heißt das nicht, dass du dich von Federn fernhalten musst und die faszinierende Welt der Vogelfedern nicht entdecken kannst. Hier ein paar legale Alternativen, um deine Federbegeisterung auszuleben:
Federn fotografieren, bestimmen, digital sammeln
Nimm deine Kamera oder dein Smartphone mit und mach Fotos von den Federn, die du unterwegs findest. So kannst du später ganz in Ruhe herausfinden, von welchem Vogel sie stammen und dein Wissen erweitern. So kannst du auch eine digitale Sammlung deiner Funde anlegen, die du viel einfacher, staub- und milben-freier organisieren kannst. Denn, sind wir mal ehrlich: So eine physische Federsammlung ist ganz schön anfällig für lauter krabbelnde, knuspernde Tierchen.
Ein Federtagebuch oder Nature Journal starten
Halte deine Federfunde schriftlich oder zeichnerisch fest. Versuche dich im Nature Journaling und zeichne die Feder. Halte fest, wo du die Feder gefunden hast, welche Farbe und Form sie hat, und was du über den Vogel weißt. Das macht Spaß und schärft deinen Blick für Details. DAS deutsche Standardwerk fürs Nature Journaling von Verena Hillgärtner empfehle ich dir hier.
Mit Kindern über Vogelschutz sprechen
Wenn du mit Kindern unterwegs bist, kannst du die Gelegenheit nutzen, ihnen zu erklären, warum Federnsammeln verboten ist und wie wichtig es ist, Vögel zu schützen.
Federn aus legaler Herkunft sammeln
Wenn du doch ganz dringend eine physische Federsammlung haben möchtest, gibt es auch Federn, die du sammeln darfst, von Hausgeflügel wie Hühnern oder Enten, zum Beispiel. Es gibt auch zertifizierte Abgabestellen wie Falknereien oder Zoos. Ob du die wirklich durch deinen Kauf unterstützen möchtest, musst du selbst entscheiden.
Legale Sammlungen bewundern
Viele Museen und wissenschaftliche Sammlungen haben große Federsammlungen. Schau dir doch diese an!
Online-Federn-Galerien entdecken
Es gibt tolle digitale Sammlungen , die dir helfen, Federn kennenzulernen, ohne sie sammeln und besitzen zu müssen. Ein guter Startpunkt dafür ist zum Beispiel die Featherbase.
Bücher
Natürlich gibt es auch jede Menge Bücher, die sich mit Federn beschäftigen. Meine große Buchempfehlung, um Federn so richtig abzufeiern, findest du hier.

Gedanken zum Schluss
Was genau ist es, was so viele Menschen an diesem Gesetz, das Vogelleben schützt, so aufregt? Ein rumpelstilzenhaftes ICH-WILL-ABER, gepaart mit einem „Von dir lasse ich mir gar nichts vorschreiben!“?
Eine gefundene Feder kann wie ein Schatz sein, aber sie ist kein Souvenir. Warum willst du sie unbedingt besitzen? Musst du sie wirklich besitzen, um dich richtig darüber freuen zu können? Oder ist nicht der Moment des Findens das größte Glück und alles danach nur ein leiser Abklatsch, ein Festhalten-Wollen, ein Versuch, die überraschte Freude zu konservieren, wieder heraufzubeschwören?
Wenn du beim nächsten Spaziergang eine Feder findest, freut dich darüber, bewundere sie ausgiebig – und lass sie dann liegen. Nicht aus Gehorsam oder Gesetzestreue, sondern aus Verbundenheit. Du kannst trotzdem staunen, lernen, dokumentieren, zeichnen, fotografieren, dich über die Feder freuen, deine Begeisterung für sie ausleben und so den Glücksmoment verlängern. Das ist viel wirkungsvoller als sie nach einem kurzen Blick einzustecken und zu Hause in eine Schublade zu legen oder achtlos in einer Vase Staub ansetzen zu lassen.
Der Glücksmoment des Findens kommt zu dir zurück, wenn du sie frei gibst. Das passt auch viel besser zu Vögeln. Probier es mal aus.
PS: Fragen, die mir immer wieder gestellt werden
Darf ich eine Feder behalten, wenn ich sie am Strand oder im Park finde?
Wenn die Feder von einem wild lebenden, geschützten Vogel stammt, gilt das Verbot. Das betrifft zum Beispiel Möwenfedern am Strand genauso wie Federn aus dem Wald.
Was ist mit Federn vom Hühnerhof der Nachbarin?
Federn von „Hausgeflügel“ wie Hühnern, Enten oder Gänsen dürfen gesammelt und behalten werden. Sie fallen nicht unter den Schutz des Bundesnaturschutzgesetzes, weil es sich leider nicht um wild lebende Tiere handelt.
Was ist mit Federn für den Schulunterricht, den Kindergarten, meine NAJU-Gruppe?
Für Bildungszwecke gibt es Ausnahmen, allerdings nur mit offizieller Genehmigung. Lehrpersonen und Pädagog*innen sollten sich daher vorab eine Genehmigung holen und abklären, ob das Sammeln oder Besitzen erlaubt ist. Und bei der Gelegenheit auch gerne überdenken, ob es wirklich sein muss und welches Signal sie damit an die Kinder senden.
Darf ich Federn fotografieren?
Ja, auf jeden Fall! Federn zu fotografieren ist sowas von erlaubt und eine tolle Alternative zum Sammeln (s.o.). So kannst du Schönheit und Vielfalt der Vogelwelt festhalten, ohne die Tiere oder ihren Lebensraum zu stören.
Darf ich die Federn anfassen?
Jawohl! Anfassen, hochnehmen, genau anschauen, mit der Lupe betrachten – alles kein Problem, so lange du sie danach wieder zurücklegst.
Darf ich gezielt nach Federn suchen?
Hm, auch bei der Federsuche kannst du Vögel stören oder aufscheuchen. Grade die Zeit des Gefiederwechseln, also die Mauser, ist sehr anstrengend für sie und sie brauchen ihre Energie. Einige Arten sind in dieser Zeit sogar flugunfähig. Leider stören auch die wohlmeinendsten Menschen Vögel viel öfter als sie es selbst bemerken. Wer regelmäßig nach Federn sucht, bewegt sich oft abseits der Wege, durch Gebüsch, an Gewässerränder oder in Wiesen mit Bodennestern. Genau das sind Orte, an denen viele Vögel brüten, rasten und vor uns Menschen Ruhe suchen. Die Suche nach der einen Feder kann sehr viele Vögel stören und Vogelleben gefährten.Deshalb ist es immer eine gute Idee auf gekennzeichneten Wegen zu bleiben und sich vom Federglück überraschen zu lassen.
Darf ich Federn sammeln, wenn ich keine Vögel dabei störe?
Auch wenn du dich vorsichtig verhältst, gilt das Besitzverbot für geschützte Arten. Der beste Weg ist es, Federn dort liegen zu lassen, wo du sie findest.
Ist Federn sammeln im Urlaub okay?
Die Regelungen sind in jedem Land anders und teilweise sogar strenger als bei uns. Spätestens bei Einreise in die EU werden sie vom Zoll beschlagnahmt. Deshalb informiere dich am besten gaaaaanz genau – oder lass es einfach.
Und was ist mit wissenschaftlichen Sammlungen?
Forschende können zu wissenschaftlichen Zwecken Ausnahmegenehmigungen erhalten, schließlich verrät so eine Vogelfeder so viel über den Vogel, zu der sie gehörte.
Noch mehr Fragen? Oder was meinst du dazu? Hinterlasse gerne einen Kommentar. *Express-Sprung*
Das Beitragsbild stamm von Else Siegel/Siegella via Pixabay. Danke ♥️ Es zeigt die Feder eines Eichelhähers.
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