Monogamie bei Vögeln – Treue fürs Leben?

Wenn wir an Vogelpaare denken, haben wir oft ein romantisches Bild im Kopf: Schwäne, die ihre Hälse zu einem Herz formen, Meisen, die gemeinsam ihr Nest bauen, oder Albatrosse, die nach langen Reisen immer wieder zu ihren Partnern zurückkehren. Doch wie treu sind Vögel wirklich? Und was bedeutet Monogamie in der Natur?

Sozialmonogamie – mehr Schein als Sein?

Viele Vogelarten leben monogam – aber nicht in dem Sinne, wie wir es verstehen. Statt „ewiger Treue“ ist bei den meisten Vögeln eher von sozialer Monogamie die Rede. Das bedeutet, dass sich ein Pärchen für eine Brutsaison oder sogar für mehrere Jahre zusammenfindet, gemeinsam Küken großzieht und oft auch wieder zueinander zurückkehrt. Aber: Treu im menschlichen Sinne sind sie sich dabei nicht unbedingt.

DNA-Analysen haben gezeigt, dass in vielen Nestern Küken sitzen, die nicht vom „offiziellen“ Vater stammen. Besonders berühmt für ihre genetisch durchmischte Quote sind zum Beispiel Blaumeisen und Kohlmeisen.

Warum gehen Vögel fremd?

Zuerstmal: „fremdgehen“ ist eine menschliche Bewertung. Was aus unserer Sicht vielleicht als Betrug erscheint, ist in der Natur ein kluger Überlebensmechanismus, denn dieses Verhalten hat evolutionäre Vorteile:

  • Genetische Vielfalt: Weibchen können sich so die besten Gene für ihre Nachkommen sichern, unabhängig davon, wie zuverlässig oder genetisch wertvoll ihr sozialer Partner ist.
  • Erhöhte Überlebenschancen: Wenn die Küken von verschiedenen Vätern stammen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest ein Teil von ihnen unter schwierigen Bedingungen überlebt.
  • Weitergabe der eigenen Gene: Für die Männchen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die eigenen Gene erfolgreich weitergegeben werden, wenn sie sich mit mehreren Weibchen paaren, weil es dann kein Totalausfall ist, wenn ein Nest ausgeräubert wird oder ein Paar nicht genug Futter ranschaffen kann. Auch Weibchen legen gelegentlich Eier in andere Nester und verbessern so ihre Chancen in der Gen-Lotterie.

Treue für immer – gibt es das wirklich?

Ja, es gibt sie, die Vogelarten, die ihrem Partner oft über Jahre oder sogar ihr Leben lang (sozial) treu bleiben. Besonders bekannt sind:

  • Höckerschwäne: Sie gelten als Symbol der ewigen Liebe – aber auch hier kommt es manchmal zu „Scheidungen“, wenn die Brut nicht erfolgreich ist.
  • Weißstörche: Noch so ein Symbol vogeliger Treue und Liebe. Inzwischen wissen wir aber, dass sie eher ihrem Horst, also dem Standort ihres Nests, treu sind als einander.
  • Schwarzbrauenalbatrossen: Sie haben eine extrem starke Bindung, sind wohl meist auch nach menschlichem Verständnis treu und erkennen ihren Partner auch nach Jahren der Trennung wieder.
  • Stadttauben: Manche Stadttauben bleiben nicht nur lebenslang zusammen, sondern trauern auch sichtbar, wenn ein*e Partner*in stirbt.

Partnerschaft in der Vogelwelt ist vielseitig

Während wir oft noch von romantischer Treue träumen, zeigen uns Vögel, dass eine erfolgreiche Partnerschaft nicht nur von Treue abhängt. Manche Paare bleiben ihr Leben lang zusammen, andere nur eine Saison – und viele nehmen es mit der Exklusivität nicht so genau.

Neben dem klassisch-menschlichem Modell der heterosexuellen Paarbeziehung zur Fortspflanzung gibt es auch in der Vogelwelt weitere Modelle:

  • Paare bleiben auch zusammen, selbst wenn sich kein Nachwuchs einstellt.
  • Paare leben sozial in einer gleichgeschlechtlichen Paarbeziehung, und holen sich für die Fortpflanzung andere Partner*innen dazu.
  • Weibchen ziehen ihren Nachwuchs ganz ohne Männchen groß.
  • Es gibt auch Individuen, die kein Interesse an der Fortpflanzung zeigen und unverpaart bleiben.

Da ist der Beziehungsstatus bei den Vögel genauso vielfältig wie bei uns Menschen.

von | 14. Feb. 2025 | Vogelwissen

aktualisiert:
14. Feb. 2025

Silke Hartmann, die Vogelguckerin

Schon als Kind interessierte sich Silke Hartmann für Vögel, aber kannte lange niemanden, der diese Begeisterung teilte. Um Gleichgesinnte zu finden, ging sie ins Internet und merkte schnell, dass es vielen Menschen so geht wie ihr früher. Deshalb gibt sie jetzt ihr Vogelwissen und ihre Begeisterung in Onlinekursen, ihrem Podcast „Vögel, aber cool!“, ihrem Blog und auf Instagram weiter. Ihr erstes Buch „Die Superkräfte der Vögel“ wurde zum „Wissensbuch des Jahres 2024“ gewählt. Ihr zweites Buch „Birding – Entdecke die Wunderwelt der Vögel“ richtet sich an Kinder ab 7 Jahre.

Moin, ich bin Silke,

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