Was ist das Birdrace?
Klingt total irre, ist es wohl auch: einen ganzen Tag rumflitzen, um so viele Vogelarten wie möglich zu sehen. Für mich klingt das allerdings auch nach einem großen Spaß! Und genau um diese beiden Dinge geht es beim jährlichen Birdrace.
Das Birdrace gibt es schon seit 2003 und es erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Das Ziel ist es tatsächlich, innerhalb eines Tages im eigenen Landkreis so viele Vogelarten wie möglich zu sehen. Es geht dabei nicht um die einzelnen Individuen, sondern um die Anzahl der Arten. Daher nennt man das Birdrace auch den „inoffiziellen Tag der Vogelartenvielfalt“.
Teilnehmende schließen sich dabei in Teams zusammen. Normalerweise gehen sie dann auch zusammen los und sammeln gemeinsam Vogelarten. In diesem Jahr durften sich die Teilnehmer:innen aber auch in virtuellen Teams deutschlandweit zusammenschließen, um nicht nur für die Einzelwertung, sondern auch gemeinsam Vogelarten zu sammeln.
Mein Team: Las Divas Spektivas
Diese Gelegenheit habe ich genutzt, um mit drei wunderbaren Frauen und Vogelkennerinnen „Las Divas Spektivas“ zu gründen: Anna aus Nordfriesland, Iris aus dem hessischen Frankfurt und Johanna aus dem Heidekreis. Schon vorab war klar, dass wir ein gutes Team sein würden, obwohl wir uns bisher nur virtuell kennen. Uns ging es bei unserem ersten Birdrace vor allem um den Spaß und nicht um den Wettbewerb. Und Spaß hatten wir jede Menge.
So lief mein Birdrace 2021
Mein Zähltag startete um kurz vor fünf und der allererste Vogel, den ich singen hörte, war – wie sollte es in diesem Jahr anders sein – eine Amsel. Auf der halbstündigen Radtour zu einem See im Wald, an dem ich zwei Tage zuvor einen Schwarzspecht und einen Rotschenkel getroffen hatte, sammelten sich die nächsten Vogelarten auf meiner Liste. So um Sonnenaufgang herum wurde es noch einmal so richtig kalt (minus 4 Grad) und der Holzweg am See war beim Rückweg plötzlich überfroren, so dass ich schön schlitterte. Dem Schwarzspecht und vielen anderen Vögeln war es wohl auch zu kalt, denn das morgentliche Vogelkonzert fiel recht verhalten aus.
Ohne Schwarzspecht und Rotschenkel auf der Liste radelte ich weiter und traf neben Nachtigallen, Braunkehlchen und erfreulich vielen Trauerschnäppern mein morgentliches Highlight: Flussuferläufer. Gegen 10 Uhr kam tatsächlich auch mal kurz die Sonne raus und wärmte mich endlich so richtig durch. Nach einer Fahrt über die Felder, zwei weiteren Seen und einem Friedhofsbesuch hatte ich (trotz einiger Totalausfälle) 65 Vogelarten auf der Liste und war so zufrieden mit meinem Vormittag, dass ich mir ein Mittagspäuschen gönnte.
Nachmittags fuhr ich noch zu einem Feuchtgebiet etwas weiter entfert. Nachdem ich mein Nachmittagstief dort überwunden hatte, waren meine absoluten Highlights zwei Rostgänse und ein sangesfreudiges Blaukehlchen. Mega! Auf der Heimfahrt hielt ich noch einmal an einem dunklen Park, in der Hoffnung, dass ich bis zum Zählende um 22:00 Uhr doch noch eine Eule hören würde – aber die Eulen und ich haben es in diesem Jahr ein bisschen schwer miteinander.
Und die anderen Divas?
Den Tag über hielten wir Divas Spektivas untereinander Kontakt und teilten unsere Highlights miteinander. Anna oben an der Nordsee hatte die meisten Vogelarten auf der Liste und viele Arten, von denen wir im Binnenland an diesem Tag nur träumen konnten: Seeadler, Löffler, Austernfischer. Johanna in der Heide bekam immerhin auch einen Säbelschnäbler zu Gesicht und freute sich besonders über ein Wiedersehen mit der Beutelmeise, deren Nest doch nicht vom Wind zerstört worden war. Iris steuerte zum Glück eine Schwanzmeise für unser Team bei, aber ihr eigentliches Highlight war der Feldschwirl, der sich kurz vor Schluss doch noch zeigte.
Zusammen kamen wir auf 145 Vogelarten und sind mit unserem grandiosen Tag alle sehr zufrieden.
Fazit meines ersten Birdraces
Oh, was für ein Spaß! Den ganzen Tag in Vogelmission unterwegs zu sein und zu wissen, dass zeitgleich Tausende im ganzen Land ebenfalls Ausschau nach Vögeln halten. Ich hatte den Sog unterschätzt, den diese Gemeinschaft auch auf mich entwickeln würde und habe den Tag sehr genossen. Es ist toll, so auf Artenjagd zu gehen, aber ich bin froh, dass der Ehrgeiz bei uns allen nicht die Oberhand gewonnen hat.
Vogelarten, mit denen ich fest gerechnet hatte, weil ich sie quasi immer sehe, ließen mich im Stich, z.B. die Kernbeißer und die Schwanzmeisen am Friedhof. Besonders diese beiden charismatischen Arten fehlten mir sehr, trotz all der anderen tollen Arten auf meiner Liste. Dafür gab es tolle Überraschungen, die ich ohne das Birdrace vielleicht auf der Durchreise verpasst hätte. Und das is wohl ganz normal: Draußen ist kein Zoo und auch die beste Planung nützt nichts, wenn die Vögel sich nicht daran halten. Und das ist ja auch der besondere Reiz beim Vogelgucken.
Was ich am ganzen Tag nicht so richtig auf die Reihe bekam, war, mich zu beeilen. Schon am ersten Spot verweilte ich länger als geplant, weil es zwar kalt, aber auch sehr schön war. Eins meiner geplanten Gebiete, das mit wahrscheinlich noch ein paar Arten gebracht hätte, ließ ich dann ausfallen. Aber ich war ja schließlich nicht auf der Flucht, sondern wollte die Vögel, die ich sah, auch genießen, nicht nur abhaken. Mal sehen, ob ich bis zum nächsten Jahr noch einen Vogelguckturbo in mir entdecken werde.
Strategisch geht da für nächstes Jahr aber noch was: In einschlägigischen Foren wurde der Tipp gegeben, im Wald zu starten und früh möglichst viele Habitate abzudecken. Mit meinem See im Wald, bei dem ich auf zwei besondere Vogelarten gehofft hatte, dachte ich, einen klugen Startpunkt gewählt zu haben. Aber Pustekuchen: Keine der dort gesehenen Arten hätte ich nicht auch woanders listen können und durch die Kälte war es auch im Wald sehr still. Der Ausflug zu diesem ersten Ziel hat mich viel Zeit gekostet, so dass ich ihn das nächste Mal zugunsten eines entspannten Spaziergangs durch die Kleingartensiedlung in der Nachbarschaft streichen würde.
Bisher hatte uns alle im Team der Wettbewerb-Charakter des Birdrace nicht gelockt und wir vier Vogelexpertinnen hatten alle vorher noch nicht teilgenommen. Aber das Birdrace kann so viel mehr sein, wenn man sich nur traut. Wir im Team scheinen jedenfalls alle angefixt zu sein. Auch im nächsten Jahr wollen wir (so die Regeln es zulassen und nichts dazwischen kommt) wieder als Las Divas Spektivas beim „inoffiziellen Tag der Vogelartenvielfalt“ an den Start gehen. Es wäre mir eine besondere Freude. Und die 150 Arten sind ja wohl zu schaffen, oder Divas?
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