Eigentlich halte ich mich zurück, wenn es um Bücher geht, die ich nicht empfehlen kann. Ich weiß selbst, wie schwierig es ist, ein Buch zu schreiben, und nicht jedes Buch ist für jede*n geeignet. Auf drei dieser Bücher werde ich jedoch immer wieder angesprochen, so dass ich das jetzt mal festhalten möchte. Mir ist jedoch bewusst, dass wenn etwas nicht für mich passt, das jedoch kein universelles Urteil ist, sondern meine persönliche Meinung. Bilde dir gerne deine eigene!
Bücher, die ich wirklich empfehlen kann findest du →hier.
Noah Strycker: Vogelfrei. Fünf Kontinente, 41 Länder und 6042 Vogelarten – meine große Reise
Darum geht’s
Der US-Amerikaner Noah Strycker berichtet in diesem Buch von seinem „Big Year“, also einem Jahr, in dem er durch die ganze Welt jettet und dabei so viele Vogelarten wie möglich sieht. Am Ende des Jahres hat er mit 6.042 Vogelarten auf der Liste einen neuen Weltrekord aufgestellt.
Warum ich das Buch nicht mochte
Es ist nur fair, wenn ich gleich zu Anfang zugebe, dass ich mit dieser Art der Vogelbeobachtung nichts anfangen kann. Für mich ist Vogelbegeisterung mehr als nur einen Haken auf einer Liste zu setzen. Es geht für mich dabei nicht um höher-schneller-weiter und ist auch kein Wettbewerb. Als genau dies sieht Noah Strycker sein Hobby jedoch. Dass ich das befremdlich finde, hat sich durch das Buch nicht geändert.
Ich las es als eine mehr oder weniger wahlose Aneinanderreihung von Ereignissen, die zum Großteil lieblos und unbegeisternd erzählt waren. Vieles rauscht so vorbei, wenige Episoden sind ausführlicher dargestellt. Dazu passt auch, dass im Buch viele Namen von Menschen genannt werden, die Strycker unterwegs begegnet sind und die ihm bei seiner Reise geholfen haben. Das wirkte auf mich oft wie Namedropping und diese Menschen tragen die Geschichte oft nicht weiter. Der Schreibstil verbessert sich, wenn Strycker von den Vogelbegegnungen erzählt, aber auch da schreckt er nicht vor plumpen Vergleichen zurück. Im Laufe des Buches werden die Beschreibungen fahriger, Strycker wirkt immer getriebener, Freude über all das Erlebte kommt nicht auf – oder zumindest nicht rüber.
All die exotischen Vogelnamen, die in dem Buch vorkommen, sind wohl nur den hartgesottensten Vogelfans vertraut. Hilfreich wäre es daher gewesen, wenn die Bilder, die am Ende des Buches aufgelistet sind, über das Buch an den entsprechenden Stellen verteilt gewesen wären.
Ein erstaunlich großen Anteil des Buches (über 50 Seiten!) macht die vollständige Liste all der Vogelarten aus, die Noah Strycker in dem Jahr gesehen hat. Ob dafür dringend Ressourcen verbraucht werden mussten, wage ich zu bezweifeln, da hätte es auch ein Link getan. Wie viele Menschen lesen sich diese Liste mit 6.042 Vogelarten wohl interessiert von oben nach unten durch? Sie blähen das Buch auf, lassen es als sehr viel mehr erscheinen als es ist und sorgen bestimmt auch dafür, dass man es für mehr verkaufen kann, als es wert ist.
Es zeigt aber auch schön für wen dieses Buch eigentlich gedacht ist: für Noah Strycker und wahrscheinlich auch für die Menschen, die sich mit ihm vergleichen und messen möchten. Die finden bei der Planung ihres eigenen Big Year bestimmt auch Anregungen und Tipps. Ich gehöre definitiv nicht zur Zielgruppe dieses Buches.
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Mya-Rose Craig: Birdgirl. Meine Familie, die Natur und ich (übersetzt von Andrea Fischer)
Darum geht’s
Mya-Rose Craig wächst in einer Familie von Twitchern auf. Twitcher sind Vogelfans, die so viele seltene Arten wie möglich auf ihrer Lebensliste haben wollen. Als bei ihrer Mutter eine bipolare Störung ausbricht, kommt der Vater auf die Idee, dass es ihr helfen könnte, um die Welt zu reisen, um Vögel abzuhaken. Von diesen Reisen erzählt Mya-Rose Craig in diesem Buch.
Warum ich das Buch nicht mag
Ja, ich weiß: Einige von euch fanden das Buch ganz, ganz toll. Ich habe nach der Hälfte aufgegeben. Meine Meinung ist also nur halb-fundiert.
Was ich an diesem Buch besonders schwierig fand, ist der unreflektierte Umgang mit dem problematischen, vogelschädigendem Verhalten, von dem Mya-Rose Craig berichtet. Besonders vor dem Hintergrund, dass sie sich jetzt für bedrohte Lebensräume einsetzt, hat mir da Bewusstsein gefehlt. So erzählt sie beispielsweise immer wieder davon, dass Vögel durch Aufnahmen angelockt werden, nur so zum Spaß, damit die Familie sie abgehaken kann. Dieses akustische Anlocken verursacht unnötigen Stress für Vögel. Für eine weitere Art auf der Liste wird das jedoch kommentarlos in Kauf genommen.
Am unerträglichsten fand ich jedoch, wie herablassend und unempathisch sie ihre kranke Mutter darstellt. Ja, ich verstehe, dass dass Craigs Art ist, mit dieser schwierigen Situation umzugehen. Und ja, sie ist noch sehr jung. Ich wollte ihr aber nicht weiter dabei zusehen.
Die Tatsache, dass ich Twitching nur schwer nachzuvollziehen finde, hat bestimmt auch dazu beigetragen, dass ich mich nicht gut auf die Geschichte einlassen konnte.
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Martin Windrow: Die Eule, die gern aus dem Wasserhahn trank. Mein Leben mit Mumble (übersetzt von Sabine Hübner)
Darum geht’s
Der britische Historiker Martin Windrow kauft sich einen Waldkauz, der fortan in einer Voliere auf seinem Balkon, später in einem Garten und in seiner Wohnung leben muss. In diesem Buch berichtet Windrow anhand von Tagebucheinträgen rückblickend über seine Zeit mit dem Kauz. Zwischendrin gibt es noch Abschnitte mit Hintergrundwissen zu Eulen.
Warum ich das Buch nicht mag
Dieses Mal kann ich mich kurz halten: Ich finde es nicht richtig, Vögel „besitzen“ zu wollen, und mit ihnen dann in nicht-artgerechter Haltung zusammenzuleben, nur um mit ihnen menschliche Bedürfnisse nach Nähe zu befriedigen, die man sich offenbar sonst nirgendwo holen kann. Ich finde es grausam, wilde Tieren aus egoistischen Motiven fehlzuprägen, ihnen den Kontakt mit Artgenossen und ein freies Leben vorzuenthalten. Dieses Verhalten in einem Buch einen Bühne zu bieten und damit zum begeisterten Nachmachen anzuregen, halte ich für unmoralisch und aus der Zeit gefallen.
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Helen Macdonald: H wie Habicht (übersetzt von Ulrike Kretschmer)
Darum geht’s
Helen Macdonal leidet sehr unter dem Verlust ihres Vaters. Um darüber hinwegzukommen, besorgt sie sich eine Habichtweibchen, um es „abzurichten“. Ausführlich beschreibt sie diese Phase, in der sie den Willen des Vogels brechen will, und nebenbei selbst fast zerbricht. Die Grenzen zwischen ihrem Leben und dem, was sie für den Vogel hält, verschwimmen und am Ende muss sie einsehen, dass ein Habicht keine Therapie ersetzt.
Warum ich das Buch nicht mag
Auch in diesem Buch wird von der fixen Idee ausgegangen, dass man einen Vogel „besitzen“ kann und der dann alle Probleme für einen löst. Zusätzlich zu dieser egoistischen, naiven Vorstellung kommt hier aber noch ein sehr gewaltvoller Prozess hinzu. Es ist ein Gewaltakt, den Willen eines so unabhängigen, freiheitsliebenden Vogels durch Hunger und Manipulation zu brechen. Und diesen gewaltvollen Prozess beschreibt Helen Macdonald ausführlich. Kein Wunder, dass sie darin nicht den erhofften Trost findet, und selbst fast dem Wahnsinn verfällt. Das zu lesen fand ich unerträglich und habe nach circa einem Drittel den Rest des Buches nur noch quergelesen.
Dieses Buch wurde dafür gefeiert, ein Highlight des New Nature Writing zu sein, eine Literaturströmung, die Biografie, Autobiografie, Natur- und Tierbeschreibung miteinander vereint. Ähm, ja. Ich sehe hier nur Missbrauch eines Lebewesens. Wie kann man glauben, die Natur für ihre Wildheit zu feiern, indem man Lebewesen unsägliches Leid zufügt, nur um die eigenen Bedürfnisse zu stillen? Passt für mich null zusammen.
Tierquälerei dann auch noch auf diese Art zu rechtfertigen, zu glorifizieren und ihr ein Denkmal zu setzen, das enthusiastisch gefeiert wird, verrät mir mehr über unsere Gesellschaft als ich wissen möchte.
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Wie ist das bei dir: Kennst du diese Bücher und was hältst du von ihnen? Welche Bücher sollte ich stattdessen lesen?
Da ich überhaupt kein Abhaken Typ bin, wäre dieses sture Erkunden nur nach bestimmten Vögen auch nicht meines. Ich freue mich über das was ich höre und sehe.
Das Eulenbuch hatte ich mir damals bestellt. Bis ich von den Umständen gelesen habe. Nee! Und H wie Habicht war auch nicht meines. Auch süß den gleichen Gründen. Aber weil ich mit etwas Positiven enden möchte: Der Wanderfalken von J.A. Baker. Wunderschöne Beschreibungen! Wunderschöne
s Buch.
Liebe Grüße
Nina