Heute geht es um einen Vogel, dessen Bestand seit den 1980ern um 94% (!) zurückgegangen ist: das Rebhuhn. Dafür habe ich die Rebhuhn-Expertin Lisa Dumpe eingeladen. Sie erzählt uns, wie und warum wir Rebhühner schützen müssen und ob das irgendwas mit Fuchsjagd zu tun haben muss.
Hier kannst du dir das Interview mit Lisa Dumpe als Podcast-Folge anhören:
Lisa Dumpe, Rebhuhnschützerin
Lisa Dumpe ist Biologin und hat sich schon in ihrer Diplomarbeit mit Rebhühnern beschäftigt. Die runden Hühnervögel haben es ihr u.a. deshalb angetan, weil sie immer so beschäftigt wirken und sich so rührend um ihre Jungen kümmern. In ihrer Diplomarbeit hat Lisa Dumpe Rebhühner besendert und so viel über ihr Leben erfahren. Heute arbeitet sie in Göttingen für das europäische Projekt PARTRIDGE, das sich für den Rebhuhnschutz einsetzt.
Das Besondere an Rebhühnern
Rebhühner sieht allerdings auch Lisa Dumpe nur selten in ihrem Arbeitsalltag. Rebhühner sind sehr heimliche Vögel, die gerne in Brachen, Hecken und Wegrändern rumtrödeln. Sie sind Kulturfolger und waren ursprünglich mal Steppenvögel. Deshalb mögen sie offene Flächen und ungemähtes Grasland sehr gerne.
Im Mai legen Rebhühner so um die 17 Eier, es können auch mal ein paar mehr werden. Mit bis zu 22 Eiern im Nest sind sie weltweiter Rekordhalter unter den Vögeln. Das Legen und Großziehen kann auch manchmal länger dauern, so dass man auch im August noch kleine Küken sehen kann.
Im Herbst schließen sich Rebhühner zu Gruppen zusammen, die Ketten genannt werden, und verbringen den Winter gemeinsam. Ich habe neulich so eine große Gruppe von 20 Rebhühnern gesehen und sogar Lisa Dumpe fand, dass das ja mal ein echter Jackpot war.
Das Problem von Rebhühnern
Früher waren Rebhühner sehr häufige und gut sichtbare Vögel, aber das ist leider nicht mehr so. Sie leben auf den Feldern rund um unsere Siedlungen. Und genau das ist ihr Problem! Zwar sind alle Vögel der Agrarlandschaft gefährdet, aber das Rebhuhn ist europaweit der Feldvogel, der am stärksten bedroht ist. Der Bestand an Rebhühnern ist seit den 1980er Jahren um 94% zurückgegangen!
Lisa Dumpe erzählt, dass das verschiedene Gründe hat:
Es gibt immer weniger ungenutzte Flächen wie Grasränder und Hecken, in denen sich das Rebhuhn verstecken könnte.
Außerdem findet es zu wenig zu fressen, weil die Landschaft immer ärmer wird. Herbizide reduzieren die Nahrung der Insekten und somit die Insekten selbst. Rebhühner sind bei der Aufzucht ihrer Jungen aber auf Insekten angewiesen. Ohne Insekten gibt es also keine Rebhühner und auch viele andere Vögel leiden unter diesem Insektenmangel.
Wenn es auf einem Feld nur noch eine Hecke gibt, steigen die Chancen, dass sich dort das Rebhuhn und seine Fressfeinde treffen. Das Rebhuhn ist daher auch sehr anfällig dafür, gefressen zu werden. Es ist „prädationsgefährdet“ sagt man.
Rebhuhnschutz in Göttingen und Europa
Die Lage des Rebhuhns ist also alarmierend. Deshalb gibt es in ganz Europa Forschungsprojekte, die sich damit beschäftigen, wie ihr Bestand geschützt werden kann. Im EU-Projekt PARTRIDGE arbeiten dafür Wissenschaftler*innen aus Deutschland, England, Schottland und den Niederlanden zusammen. In jedem dieser Länder wurden zwei 500-Hektar-große Projektgebiete geschaffen, in denen Blühflächen und andere hochwertige Habitatstrukturen angelegt wurden.
Um zu kontrollieren, ob die Schutzmaßnahmen erfolgreich sind, werden in diesen Gebieten nicht nur die Rebhühner gezählt, sondern auch alle Brutvögel erfasst und die Feldhasen gezählt. Lisa Dumpe und ihre Kolleg*innen gehen davon aus, dass in einer Agrarlandschaft 7% hochwertige Rebhuhnflächen zur Verfügung stehen müssen, damit die Hühnervögel davon langfristig profitieren.
Innerhalb des Projekts setzt jedes Land eigene Akzente. In England und Schottland beispielsweise setzen die Beteiligten verstärkt auf Prädationsbekämpfung. Das heißt: Sie schießen Füchse & Co. In Deutschland gibt es einen anderen Ansatz. Der Fokus liegt auf der Aufwertung des Lebensraums. Hier werden u.a. sehr breite Blühflächen angelegt, von denen auch andere Tiere profitieren können. So wollen die Rebhuhnschützer*innen dafür sorgen, dass das Rebhuhn sich erholt und weiterhin mit den Prädatoren klarkommt.
Im Landkreis Göttingen (wo es schon seit 2004 das Rebhuhnschutzprojekt gibt, zu dem jetzt auch das PARTRIDGE-Projekt gehört) konnte der Rebhuhnbestand in den Projektgebieten in den letzten Jahren mehr als verdoppelt werden. Und auch einige andere Vogelarten, wie Stieglitze und Dorngrasmücken, profitieren von den Schutzmaßnahmen.
Was wir für das Rebhuhn tun können
Das klingt super, erscheint mir aber als Tropfen auf den heißen Stein, wenn sich nicht bald etwas in der Agrarpolitik ändert. Aber auch wir können einen Beitrag leisten, um Rebhühner zu schützen:
- Leine deinen Hund an und lass ihn nicht auf die Flächen laufen. Selbst wenn er niemals ein anderes Tier totbeißen würde und nicht aus Versehen das Gelege zertrampelt: Rebhühner sind sehr störungsempfindlich. Sie geben ein Gelege auf, wenn sich Mensch oder Tier zu sehr nähern.
- Deutschlandweit kannst du bei der Rebhuhn-Kartierung – also beim Zählen – helfen. Das ist ein großer Spaß, weil du dadurch die Chance hast, Rebhühnern sehr nahe zu kommen.
- Wenn du eine größere Fläche zur Verfügung hast, leg doch eine rebhuhnfreundliche Blühfläche an. Tipps dazu geben die Mitarbeitenden des Göttinger Rebhuhnschutzprojektes sehr gerne.
Vielen Dank an Lisa Dumpe für das tolle Gespräch und die vielen spannenden Informationen!
Weiterführende Links
Das Rebhuhnschutzprojekt:
https://rebhuhnschutzprojekt.de/
Das EU-Projekt PARTRIDGE:
https://northsearegion.eu/partridge
Der Vögel-Füttern-Guide:
https://vogelguckerin.de/pdf-voegel-richtig-fuettern/
Fotonachweis:
Die Fotos im Headerbild stammen von Lisa Dumpe. Alle weiteren Fotos wie angegeben.
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