4 Tage Vogelglück im Wattenmeer: Die erste Vogelguckerin-Reise

Schon lange hatte ich davon geträumt, mit einer Handvoll Frauen auf eine Vogelreise zu gehen, um gemeinsam mit ihnen den Zauber der Vogelwelt zu entdecken. Vor über einem Jahr fing ich an, diesen Traum wahr werden zu lassen, indem ich begann, die erste Vogelguckerin-Reise zu planen. Ende April 2025 war es endlich soweit: Zu zehnt fuhren wir auf eine kleine Nordseeinsel mitten in den Weiten des Wattenmeers.

Ich hatte ein Jahr Zeit, um mich zu fragen, wie es sich wohl anfühlen würde, mit anderen tollen Frauen vier Tage lang inmitten von tausenden Gänsen, Löfflern und Lachmöwen zu stehen, das Fernglas immer am Anschlag, und abends gemeinsam den Tag Revue passieren zu lassen. Heute weiß ich: Es ist fantastisch!

Geteilte Vogelfreude ist zehnfache Vogelfreude: Mit diesen tollen Frauen durfte ich zum Vogelgucken unterwegs sein.

Vogelglücksgefühle

Eine Nordseeinsel im Frühling ist der perfekte Ort zum Vogelgucken. Und so mussten wir nie lange nach Vögeln suchen, denn sie waren einfach überall! Schon auf der Überfahrt zur Insel säumten Brandgänse, Löffler und Säbelschnäbler unseren Weg. Und das war erst der Anfang!

Ich habe den Verdacht, die meisten Teilnehmerinnen wussten vorher nicht so recht, welche Vogelfülle sie auf der Reise erwarten würde. Ich hatte zwar immer wieder gesagt: „Es gibt hier nicht viele Arten, aber von den Arten, die da sind, gibt es jede Menge Individuen“ – aber sich die Gänsemassen vorzustellen, wenn man sowas noch nie gesehen hat, ist wohl unmöglich.

Nachdem wir uns an all diese Weißwangengänse, Ringelgänse und die paar Graugänse gewöhnt hatten, kamen dazwischen immer mehr Vögel zum Vorschein: Kiebitze, die sich gaukelnd in die Luft erhoben, Bluthänflinge, die auf Weidendrähten saßen, Bachstelzen, die über den Boden wippten, Schafstelzen, die über den Deich flanierten, und sogar eine Ringdrossel, die um uns ihre Kreise zog. Und das Beste: Wir hatten sonst nichts vor und konnten sie alle in Ruhe beobachten.

Als Reiseleiterin muss ich gestehen: Es gibt ja nur so viel, auf das ich bei solch einer Reise Einfluss habe. Welche Vögel auftauchen, gehört definitiv nicht dazu. Ich war also sehr erleichtert, dass sich fast alle Vögel, von denen ich vorher geschwärmt hatte, zeigten. Eine Teilnehmerin hatte sich Eiderenten gewünscht – Auftritt: Eiderenten. Auf Goldregenpfeifer war ich vorher angesprochen worden – Auftritt: Goldregenpfeifer. Sogar eine Blessgans und drei Rothalsgänse entdeckten wir inmitten der Tausenden Weißwangen- und Ringelgänse.

Die Teilnehmerinnen hatten auch Gelegenheit, fünf Möwenarten unterscheiden zu lernen: Lachmöwen, Silbermöwen, Heringsmöwen, Schwarzkopfmöwen und Sturmmöwen hatten ihren großen Auftritt. Auch die Küsten- und Flussseeschwalben ließen sich nicht lumpen. Ein Seeadler sorgte für Aufruhr in der Lachmöwenkolonie und ein Steinschmätzerpärchen saß einträchtig nebeneinander auf einem Zaunpfahl (zumindest kurz).

Am Ende standen 71 Arten auf unserer Vogelliste.

Dadaaa: Mitten zwischen all den Tausend Weißwangen- und Ringelgänsen standen plötzlich drei Rothalsgänse vor uns auf dem Deich. Erstaunlich, wie unsichtbar sie werden, wenn sie ihren Kopf senken.

Faszination Wattenmeer

Neben den Vögeln war der zweite große Protagonist dieser Reise das Wattenmeers. Und der klare, blaue Himmel, der sich ab dem zweiten Nachmittag darüber spannte.

Die Leiterin des Nationalparkhauses half uns, die Besonderheiten des Wattenmeers und seiner vielen Bewohnenden besser zu verstehen. Beim Spaziergang hinaus aufs Watt erlebten wir, wie schnell und lautlos sich die Flut zurück ans Ufer schleicht. Diese schier unaufhaltsame Kraft beeindruckte alle sehr. Uns muss man nach diesem Erlebnis hoffentlich nie nach einer leichtsinnigen Wattwanderung mit Spezialbooten aus der Nordsee fischen.

Eben standen wir noch trockenen Fußes auf dem Meeresboden und dann – zack bumm – war das Wasser da!

Die Weite des Wattenmeers, die vielen Vögel und die Ruhe der Insel halfen den Teilnehmerinnen dabei, schnell zur Ruhe zu kommen und ganz im Augenblick sein zu können. Dass der Himmel uns jeden Abend einen 1A-Sonnenuntergang spendierte, war dann nur noch die Kirsche auf der Sahnetorte.

Die Weite des Wattenmeers lässt sich aus der Höhe noch viel besser erahnen. Und in Saatkrähennester konnten wir von dort oben auch schauen.

Gemeinschaft erleben

Als ich viel zu früh, aber trotzdem als Letzte am Anreisetag am Treffpunkt ankam, hatten sich die Teilnehmerinnen schon eingegroovt und warm gequatscht. Ich hatte alle Teilnehmerinnen bereits vorher in Kursen oder in Vorgesprächen kennengelernt, aber als ich sie da zum ersten Mal live sah, war für mich sofort klar: Das passt!

Dabei war unsere Gruppe bunt gemischt: Von der Schweiz über Österreich, Hessen oder Sachsen-Anhalt kamen wir aus allen Himmelsrichtungen zusammen. Auch das Alter der Teilnehmerinnen war so vielfältig, wie ihre Vorerfahrungen beim Vogelgucken. Doch gab es etwas, das uns über alle vermeintlichen Unterschiede hinweg einte: Vogelbegeisterung. Und es war so schön, sie teilen zu können!

Wir freuten uns gemeinsam über die großen und die scheinbar ganz kleinen Vogelwunder. Wir nahmen uns Zeit, ausgiebig jeden einzelnen Sandregenpfeifer zu bestaunen. Wenn eine oder zwei von uns genug geschaut hatten, gingen sie schon einmal ein paar Schritte weiter, ohne dass sich die anderen gehetzt fühlten.

Niemand reagierte merkwürdig, wenn eine von uns mitten im Gespräch den Blick zum Himmel schweifen ließ. Das war auch eins der Highlights für Anita, die mit auf der Reise war:

„Wir hatten alle das gleiche Bedürfnis und die Sehnsucht, Vögel zu beobachten. Alle haben es verstanden, dass man ständig stehen bleibt und schaut und fast immer das Fernglas vor den Augen hat, um eine Vogelart ganz genau zu erkennen. Wir konnten uns untereinander beraten und austauschen.“ (Anita)

Das war auch für mich besonders: Wie selbstständig und wertschätzend die Gruppe untereinander war. Es gab keinen Wettbewerb, keinen Leistungsdruck und keinen Fachjargon. Die Erfahreneren gaben ihre Tipps weiter, die Einsteigerinnen machten auf Details aufmerksam und stellten die coolsten Fragen, so dass am Ende alle ein bisschen schlauer waren. Es gab auch keine „Grüppchenbildung“, alle waren im Austausch miteinander. Die Stimmung in der Gruppe war herzlich und oft kurz vor dem nächsten gutgelaunten Lacher.

Neben all den gemeinsamen Erlebnissen hatte ich auch die Möglichkeit für freie Zeit und Programmauswahl eingeplant. Für mich war es schön zu sehen, dass jede Teilnehmerin auf sich selbst aufpasste, sich zwischendurch zurückzog, wenn sie wollte oder der Kaffeedurst größer als der Hunger nach neuen Vogelerlebnissen war, während wir anderen noch weiter gemeinsam auf Erkundungstour waren. So konnte ich sicher sein, dass jede Teilnehmerin die für sie bestmögliche Zeit hatte.

Auch wenn wir uns über jede neue Art gefreut haben, ging es nie nur um die Länge der Artenliste. Der Moment, in dem eine von uns eine einzige Blessgans unter Tausenden Weißwangen entdeckt hatte, war genauso wertvoll wie das Beobachten von kuscheligen Graugansküken oder das Lauschen nach dem Ruf einer Wasserralle, die sich so gar nicht an die Lehrbuchbeschreibung gehalten hat.

Pause machen vom Vogelgucken? Niemals 😉 Auch beim Picknick hielten wir Ausschau und führten Nerd-Gespräche.

Fazit

Unser Inselabenteuer werden wir wohl alle nicht so schnell vergessen. Vier Tage lang waren wir raus aus dem Alltag und mitten im Vogelglück.

Wir haben uns über seltene und über häufige Vögel gefreut, sind gemeinsam durchs Watt und über die Insel gewandert, haben gestaunt, gelacht und auch mal kurz geweint und sind in dieser kurzen Zeit als Gruppe zusammengewachsen. Wir haben nicht nur über Vögel geredet, sondern auch übers Leben. Wir sind Verbindungen eingegangen: zueinander, zu uns selbst und zu der Natur um uns herum.

Von diesen schönen Tagen nehmen wir viel mehr mit als ein paar neue Arten auf der Liste. Neben den Erinnerungen ist es für mich vor allem das Gefühl, gemeinsam unterwegs zu sein.

„Kurz vor kitschig“, wie eine Teilnehmerin sagte – ach, eigentlich war’s auch schon drübber, aber sooo schön. Sonnenuntergänge können wir im Norden halt einfach.

Naturverbindung, Vogelwissen, Gemeinschaft: Du hast auch Lust, sowas mal zu erleben? Die nächste Reise ist schon in Vorbereitung! Melde dich zu meinem Newsletter an und ich halte dich auf dem Laufenden. Ganz nebenbei findest du so auch raus, ob wir beide zusammenpassen. Denn mein Verdacht ist: Menschen, die mich mögen, mögen sich auch untereinander.

von | 8. Mai 2025 | Tagebuch

aktualisiert:
9. Mai 2025

Silke Hartmann, die Vogelguckerin

Schon als Kind interessierte sich Silke Hartmann für Vögel, aber kannte lange niemanden, der diese Begeisterung teilte. Um Gleichgesinnte zu finden, ging sie ins Internet und merkte schnell, dass es vielen Menschen so geht wie ihr früher. Deshalb gibt sie jetzt ihr Vogelwissen und ihre Begeisterung in Onlinekursen, ihrem Podcast „Vögel, aber cool!“, ihrem Blog und auf Instagram weiter. Ihr erstes Buch „Die Superkräfte der Vögel“ wurde zum „Wissensbuch des Jahres 2024“ gewählt. Ihr zweites Buch „Birding – Entdecke die Wunderwelt der Vögel“ richtet sich an Kinder ab 7 Jahre.

Moin, ich bin Silke,

wie schön, dass du da bist! Hier berichte ich dir Wunderbares und Wundersames über Vögel und ihre Welt. Außerdem erfährst du, wie du anfängst, sie schnell selbst zu sehen und immer besser darin wirst. Komm mit auf die Reise!

Wissensbuch des Jahres 2024: „Die Superkräfte der Vögel“

„Birding – Entdecke die Wunderwelt der Vögel“ – Mein neues Vogelbuch für Kinder ab 7

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