Weiße Tauben steigen in den Himmel und das Brautpaar schaut verträumt hinterher – ein Moment wie aus einem schnulzig-romantischen Film. Hochzeittauben als Symbol für Frieden und Liebe steigen zu lassen, ist für viele Paare ein Highlight ihrer Feier. Doch was die meisten nicht wissen: Hinter diesem vermeintlich schönen und reinen Brauch steckt Leid und Tod. Was ist das Problem mit den Hochzeitstauben?
Rücksichtslose Zucht
Bei sogenannten Hochzeitstauben handelt es sich um weiße Tauben verschiedener Rassen, die extra für diesen Zweck gezüchtet werden. Meist handelt es sich dabei um sogenannte Pfautauben, die besonders bekannt aus dem Klassiker Aschenbröttel sind. Diese Zuchtvögel sollen nach dem „Auflassen“ (also dem Fliegengelassenwerden) zu ihrem Heimatschlag zurückfliegen – so zumindest die Theorie. In der Praxis klappt das jedoch längst nicht immer.
Bei ihrer Zucht wurde wenig Wert auf ihren Orientierungssinn gelegt, es geht nur um ihr Aussehen. Daher haben die meisten dieser weißen Tauben keine oder nur unzureichende Orientierung. Hinzu kommt, dass sie oft sehr jung sind, gar nicht oder zu wenig trainiert wurden oder zu weit entfernt von ihrem Heimatschlag ausgesetzt werden.
Die Folge: Sie finden nicht zurück, irren orientierungslos und völlig unvorbereitet in einer ihnen fremden Welt umher.
Durch ihr auffälliges Gefieder werden sie oft sehr schnell Opfer eines Greifvogels.
Wenn sie „Glück“ haben, können sie sich einem Stadttaubenschwarm anschließen. Dass das Leben auf unseren Straßen allerdings auch kein Spaß ist, erfährst du hier. Da Ihnen, wie anderen Zuchttauben, die Fähigkeit abgezüchtet wurde, selbst Futter zu finden, bleiben sie hungrig und abhängig von uns Menschen.

Psychische Spielchen
Damit Brieftauben möglichst schnell zurückfliegen, greifen Züchterinnen und Züchter oft zu einem emotionalen „Trick“: Sie trennen die auszusetzende Taube gezielt von seiner Partnerin oder seinem Partner und dem Nachwuchs – manchmal sogar kurz vor dem Auflass. Die Taube wird dadurch in den Zustand der sogenannten „Witwerschaft“ versetzt. Der starke Wunsch, zum vertrauten Partnertier und der Familie zurückzukehren, soll sie antreiben, schnell und zielgerichtet heimzufliegen.
Für die betroffenen Tiere bedeutet diese Trennung enormen seelischen Stress, denn Tauben sind hochsoziale Tiere, die enge, oft lebenslange Bindungen eingehen. Die Trennung vom Partnertier kann Angst, Unruhe und massiven inneren Druck auslösen. Was als cleverer Trick verkauft wird, ist in Wahrheit eine Form psychischer Folter.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Methode auch bei Hochzeitstauben angewandt wird, um die Heimkehrquote der Vögel zu fördern. Was für eine „romantischer“ Vorstellung, solch ein getrenntes Paar als Symbol für Liebe und Treue bei der eigenen Hochzeits einzusetzen.
Stress pur
Bevor die Tauben überhaupt fliegen, haben sie oft schon eine strapaziöse Tortur hinter sich. Sie werden aus ihrem vertrauten Schlag geholt, von ihrer Partnertaube getrennt und zu einem Ort gebracht, den sie nicht kennen. Während der oft kilometerlangen Fahrt hocken sie in kleinen, engen Transportboxen und sind umgeben von Fahrtgeräuschen und -Bewegungen. Vor Ort müssen sie oft stundenlang ausharren, häufig ebenfalls ohne Ruhe und mit wechselnden Umgebungsreizen. Dann werden sie von fremden Menschen angefasst und unsachgemäß in die Hände genommen.
Noch bevor sie überhaupt losfliegen, sind sie durch Lärm, die ungewohnte Umgebung und den direkten Körperkontakt mit unbekannten Personen gestresst, verängstigt, angespannt und sowohl körperlich als auch seelisch belastet.

Kommerz mit Tierleid
Die wenigsten dieser Vögel finden also in ihren Schlag zurück. Sie sterben unterwegs durch Erschöpfung, Hunger, Verletzungen oder Angriffe. Der Tod der Tiere wird billigend in Kauf genommen und ist für den Züchter mit eingepreist.
Wenn man sich die Preise für solch ein Hochzeitsevent anschaut, in denen auch Material- und Personalkosten enthalten sind, kann man schön sehen, wie wenig diese Tiere ihren Züchtern wert sind. Ab 100 Euro für alles sind Sie dabei!
Dazu passt auch, dass Menschen im Tierschutz, die gestrandete Hochzeitstauben aufnehmen, immer wieder berichten, dass die Züchter bei Kontaktaufnahme wenig Interesse daran haben, ihre Vögel zurückzuholen.
Fazit zu Hochzeitstauben
Die Vorstellung von „weißen Tauben, die gemeinsam in den Himmel fliegen“ ist romantisch – aber leider nur für uns Menschen. Für die Tiere bedeutet dieser Moment oft das Gegenteil von Liebe, Geborgenheit oder einem neuen Anfang. Wer mit Liebe heiratet, sollte seine Ehe nicht mit Leid beginnen.
Bitte informiere dich, bevor du buchst und diese tierverachtende Zucht unterstützt. Und wenn du jemanden kennst, der oder die eine Hochzeit plant: Sprich mit ihnen über das Thema. Aufklärung ist der erste und wichtigste Schritt, um ganz romantisch tierleidfrei in den Hafen der Ehe einzulaufen.
Das Titelbild stammt von Wolfgang Gerth via pixabay.
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