Sie wippt mit dem Schwanz, läuft wie aufgezogen über den Weg und wenn du sie einmal entdeckt hast, ist sie überall: die Bachstelze. Sie ist ein vertrauter Anblick, wird aber oft gar nicht genug gewertschätzt. Dabei lohnt es sich, genauer hinzusehen. In diesem Beitrag erfährst du, wie du Bachstelzen erkennst, wo sie leben, was sie fressen, wie sie brüten und warum sie echte Überlebenskünstlerinnen sind.
Typisch Bachstelze
Du kennst die Bachstelze doch bestimmt, oder? Wenn du schon mal einen schlanken, schwarz-weiß gefärbten Vogel gesehen hast, der mit wippendem Schwanz über einen Weg trippelt – dann war das ziemlich sicher eine Bachstelze.
Sie ist ungefähr so groß wie ein Spatz, aber viel eleganter gebaut. Ihr auffällig langer Schwanz wippt ständig auf und ab. Dieses Wippen ist so typisch, dass man es bei fast jeder Begegnung beobachten kann. Es hat der Bachstelze im Volksmund auch den Namen „Wippsteert“ eingebracht, also „Wippschwanz“.
Ihr Gefieder ist klar gezeichnet: weißer Bauch, grauer Rücken, schwarzes Brustband und ein schwarzer Oberkopf, der in der Brutzeit besonders kontrastreich wirkt. Im Flug ist sie auch ganz gut zu erkennen, einerseits an ihrer Gestalt mit dem langen Schwanz, klar, aber sie fliegt auch nicht einfach geradeaus, sondern wellenförmig, in kleinen Bögen, fast wie in Zeitlupe.
Es werden bis zu 11 Unterarten in drei Unterartengruppen unterschieden.
Verbreitung & Lebensraum
Die Bachstelze ist ein echte Allerweltsvogel und fast überall zu Hause. Sie ist Europa und Asien weit verbreitet: von Portugal über Mitteleuropa bis Sibirien, von Island über den Himalaya bis nach Japan. In Deutschland ist sie fast überall zu finden, sowohl auf dem Land als auch in Städten.
Sie lebt nicht nur an Bächen – auch wenn ihr Name das vermuten lässt. Klar, sie mag Wasser, aber sie kommt genauso gut mit allen offenen Landschaften zurecht: Wiesen, Felder, Wegränder, Uferbereiche, aber auch auf Parkplätzen, auf Dächern, in Gärten, also mitten in unseren menschlichen Siedlungen kann sie sich rumtreiben. Sie ist eine echte Kulturfolgerin. Ihr reicht ein offener Boden, auf dem sie jagen kann, und ein geschütztes Plätzchen zum Brüten.
Verhalten der Bachstelze
Was ihr gar nicht liegt: dichte Wälder. Da fehlt ihr schlicht das offene Gelände zum Herumlaufen – denn genau das macht sie ständig. Die Bachstelze ist kein Vogel, der gerne stillsitzt. Sie läuft, trippelt, pickt, wippt. Immer in Bewegung, immer auf der Suche nach Insekten. Und dabei wirkt sie erstaunlich geschäftig, fast so, als hätte sie ständig einen kleinen Auftrag zu erledigen.
Du erkennst sie oft schon an ihrer Körperhaltung und ihrer Bewegung: Kopf nach vorne gestreckt, Schwanz wippt, Beine flink. Sie versteckt sich nicht im Gebüsch, sondern wuseln mitten auf Wegen, Dächern, Zäunen, Wiesen herum.
Nahrung
Wenn man der Bachstelze so zuschaut, wie sie flink über den Boden trippelt, wirkt es fast wie ein kleines Ballett. Doch hinter diesem Verhalten steckt natürlich ein klarer Plan: Sie ist auf der Jagd. Ihre Hauptnahrung sind Insekten – am liebsten Fliegen, Mücken, Käfer, Spinnen und kleine Raupen. Auch Ameisen, Würmer oder mal eine kleine Schnecke landen auf ihrem Speiseplan.
Anders als viele andere Singvögel sucht sie ihre Nahrung nicht in Bäumen oder Sträuchern, sondern vor allem am Boden. Auch auf Mauern, Steinen oder Dachrinnen sieht man sie manchmal entlanglaufen, immer auf der Suche nach dem nächsten Snack.
Im Sommer ist das Angebot für sie meist reichlich – besonders in der Nähe von Wasser oder Weideflächen. Selbst auf Parkplätzen oder am Straßenrand sucht sie nach Nahrung. Sie hat gelernt, dass dort oft kleine Insekten zwischen den Pflastersteinen hervorkrabbeln.
Stimme der Bachstelze
Viele kennen die Bachstelze vor allem als stille Begleiterin am Wegesrand. Und ja, sie gehört nicht zu den lieblichsten Sängerinnen unter den Singvögeln. Aber wenn du zur richtigen Zeit genau hinhörst, wirst du feststellen: Auch die Bachstelze hat eine Stimme.
Am auffälligsten ist ihr Ruf. Meist hörst du ihn im Flug und es klingt manchmal so, also ob sie damit im Funkkontakt mit ihren Artgenossinnen wäre.
Sie hat aber auch einen Gesang. Der ist eher zurückhaltend und unauffällig, eine Art Zwitschergesang.
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Nestbau & Brutzeit
Brutplätze
Auch beim Brutverhalten zeigt sich, wie gut die Bachstelze sich an das Leben in unserer Nähe angepasst hat. Früher hat sie vor allem in Fluss- oder Bachnähe gebrütet, daher auch ihr Name. Heute ist sie aber eine echte Opportunistin: Sie ist sehr flexibel und baut ihr Nest fast überall, wo es einen kleinen Spalt, ein Vorsprung oder eine Nische gibt. Das kann unter einem Dach sein, in einer Mauerlücke, auf einem Balken in einer Scheune – Hauptsache, es ist ein bisschen geschützt und es hat eine gute Aussicht.
Solche künstlichen, menschlichen Halbhöhlen finden Bachstelzen offenbar besonders toll, denn sie werden meist zuerst von den eher eintreffenden älteren Weibchen besetzt werden, während die jüngeren auf die übrigen Nistmöglichkeiten zurückgreifen müssen. Sie nutzen dann auch natürliche Gegebenheiten wie Böschungen, Felsnischen, Grabenränder, Baumhöhlungen oder Grasbüschel. Manchmal werden dann auch Bodennester auf offenen Flächen oder freistehende Nester in Sträuchern oder Bäumen errichtet. Oft werden Nester vom Vorjahr wieder benutzt oder alte Nester anderer Vögel wie beispielsweise Schwalbennester bezogen oder überbaut.
Aussehen des Nests
Genauso unterschiedlich wie ihre Brutplätze sind auch Größe und Aussehen des Nests.Das Nest besteht aus einem Unterbau aus grobem Material wie Stroh, trockenen Blättern, Zweigen, Rindenstücken, der dem Nest oft ein unordentliches Aussehen verleiht, und einem feineren, napfförmigen Innenbau mit einer weichen Polsterung aus Tierhaaren, Federn, Pflanzenwolle. Gebaut wird es meist vom Weibchen. Manchmal hilft das Männchen auch oder baut derweil ein eigenen Nest – nur an den Innenbau traut es sich nicht ran, das macht nur das Weibchen.
Brut
Ein Gelege besteht meist aus fünf bis sechs Eiern. Nach etwa zwei Wochen Brutzeit schlüpfen die Jungen. Zwei weitere Wochen später verlassen sie das Nest.
Viele Bachstelzenpaare brüten in einer Saison gleich zwei Mal, ganz selten schaffen sie auch drei Bruten.
Lebenserwartung der Bachstelze
Die Sterblichkeit im ersten Jahr ist bei Bachstelzen ziemlich hoch. 80 % von ihnen stirbt im ersten Lebensjahr.
Die meisten Vögel kommen auf dem Zug um, Ursachen können physische Erschöpfung oder Bejagung sein. In den Brutgebieten zählen Prädation brütender Altvögel durch Hauskatzen, Füchse oder Marder, aber vor allem Kollisionen mit Kraftfahrzeugen auf Landstraßen zu den Todesursachen. Hach ja, wir Menschen mal wieder. Lieben wir. Sie können aber auch Schlechtwetterperioden zum Opfer fallen. Wegen dieser hohen Sterblichkeit im ersten Jahr lag das Durchschnittsalter bei verschiedenen Auswertungen von Ringfunden etwa zwischen sieben und 14 Monaten. Wenn sie Glück haben, können Bachstelzen aber auch bis zu zehn oder gar zwölf Jahre alt werden.
Zugverhalten & Jahreskreislauf
Die Bachstelze ist bei uns ein typischer Sommergast. Die meisten von ihnen ziehen im Herbst Richtung Süden. Sie überwintern irgendwo zwischen Südwesteuropa, Marokko und Algerien. Sie verschwinden ab Anfang September wieder und sind so ab Mitte, Ende März wieder da. Sie sind also so ungefähr ein halbes Jahr hier und ein halbes Jahr weg.
In milden Wintern bleiben einzelne Bachstelzen mittlerweile sogar in Deutschland. Vor allem in Städten, wo es wärmer ist und es auch im Winter noch Insekten geben kann. Man sieht sie dann manchmal an Flüssen, in Häfen oder Kläranlagen – Orte, an denen das Wasser nicht zufriert und immer ein bisschen Leben herrscht. Diese „Überwinterer“ sind aber eher die Ausnahme. Noch.
Wenn ich so im März, April, die ersten Bachstelzen wiedersehe, wie sie so wippend und ganz selbstverständlich auf einer Wiese herumstolzieren als wären sie nie weggewesen, dann ist das ein wichtiger Moment für mich: Ich weiß: der Frühling kommt zurück, egal wie das Wetter grade ist. Für mich sind Bachstelzen Hoffnungsboten und Frühlingsboten. Und wenn sie dann plötzlich weg sind, ist das auch ein Zeichen des Jahreskreislaufs. Ein weiterer Sommer vorbei. Ein Jahr älter geworden. Zeit, Weihnachtsgeschenke zu besorgen.
Warum es sich lohnt, Bachstelzen genauer anzuschauen
Bachstelzen wirken für viele Menschen alltäglich und ich habe den Verdacht, dass sie schnell abgehakt werden. Sie sind gut zu erkennen und vermitteln dadurch das Gefühl, dass wir sie eh schon kennen. Sie sind unterhaltsam, aber dann auch schon wieder weg. Sie sind allgegenwärtig, aber nichts Besonderes. Sie ist nicht bunt, nicht besonders laut – eher so ein „Nebenbei-Vogel“.
Ich lade dich ein, dich neu in die Bachstelze zu verlieben. Nimm dir Zeit, sie bewusst zu beobachten: ihre grazile Bewegung, das elegante Gefieder, das lustige Wippen, diesen leisen, konzentrierten Fleiß, mit dem sie sich durch unsere Welt bewegt. Sie ist eine Meisterin der Anpassung, die im Stadtlärm genauso zurecht wie mit dem Wind auf dem Deich. Und sie kann so viel Freude schenken.
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