Hühner, Pieper, Greife: die Vogelwelt Lapplands

Heute begeben wir uns auf eine Reise in den hohen Norden und an das Ziel von Nils, Martin, Akka von Kebnekaise, Yksi, Kaksi, Kuusi und vieler anderer Zugvögel: nach Lappland. Wie ist das da oben eigentlich für Vögel und welche Arten gibt’s da? Und was haben diese Vögel mit uns zu tun?

Was ist das Besondere an Lappland?

Wenn ich erzähle, dass ich gerne nach Lappland reise, sind immer alle ordentlich beeindruckt, zumal viele wahrscheinlich gar nicht so genau wissen, wo das eigentlich liegt. Ehrlich gesagt ist „Lappland“ auch ein eher ungenauer Ausdruck. Meist beschreibt der Name „Lappland“ das Gebiet der Sami, der Urbevölkerung Lapplands und da gibt es keine klaren Grenzen. Es erstreckt sich über Norwegen, Schweden, Finnland und Russland ungefähr nördlich des Polarkreises.

Diese Grenzenlosigkeit passt ja auch gut zu den Vögeln dort, denn für die ist Lappland im Sommer ein Paradies und ein Schlaraffenland.

Die Region ist nur dünn von Menschen besiedelt. Es gibt mehrere Nationalparks und Naturschutzgebiete, die zusammenhängend den größten Schutzgebietskomplex in ganz Europa bilden. Sie gehören zu den größten verbliebenen Wildnisgebieten Europas. Wobei Wildnis eigentlich nicht stimmt, denn die Samen und ihre Rentiere prägen das Gebiet seit Jahrhunderten und haben hier eher eine Kulturlandschaft geschaffen, ähnlich unserer Alpenregionen. Hier bekommt die Natur aber viel mehr Platz und Menschen sind eher Gäste.

Die Lebensbedingungen hier oben sind speziell. Im Winter geht die Sonne nicht auf und im Sommer nicht unter. Im Winter ist es hier also sehr kalt und es gibt viel Schnee, der erst spät wieder taut. Am selben Ort können die Temperaturen im Laufe eines Jahres zwischen plus 30 und minus 30 Grad Celsius schwanken.

Moorschneehühner im Sommerkleid. Im Winter ist ihr Gefieder weiß.

Sommer in Lappland: ein Schlaraffenland für Vögel

Im Sommer gibt es nur eine kurze Zeit, in der Pflanzenwachstum möglich ist. Dann explodiert das Leben! Auch für die Vögel. Für sie kann der kurze Sommer ein bisschen hektisch werden. In den wenigen eisfreien Wochen muss die Paarbildung, der Nestbau, die Brutzeit, die Aufzucht der Jungen und das Flugtraining stattfinden. Das geschieht meist so im Juni, Juli.

Die Mücken explodieren im Sommer auch, besonders in Tälern und Wäldern. Das ist für uns Menschen beschwerlich. Die Rentiere verziehen sich dann in höhere Gegenden des Gebirges, denn oberhalb der Waldgrenze gibt es auch keine Mücken mehr.

Für Vögel in der Brutzeit kommt dieses Mückenangebot aber gerade recht. Mücken spielen bei der Ernährung vieler Vogelarten und bei der Aufzucht des Vogelnachwuchses im Sommer eine wichtige Rolle. Das viele Tageslicht im Sommer kompensiert die kurze Saison ein bisschen. Die Vogeleltern haben dadurch sehr viel Zeit um Futter zu sammeln, sodass die Jungen schnell wachsen. Deshalb ist Lappland so beliebt bei Zugvögeln und die weite Reise wert.

Merke: Keine Vogelmassen ohne Mückenschwärme.

Gänse ziehen hierher, aber auch viele Schnepfenvögel wie Mornellregenpfeifer, Goldregenpfeifer und Regenbrachvögel. Auch Singvögel sind natürlich am Start. Besonders typisch ist die Spornammer, aber auch Zilpzalpe, Fitisse und Trauerschnäpper sind hier anzutreffen. Bachstelzen und Schafstelzen wippen an den Fluss- und Seeufern herum.

Bei dem guten Angebot sind natürlich auch Greifvögel unterwegs: Merline, Gerfalken, Rauhfußbussarde oder Steinadler. In Jahren, in denen es besonders viele Lemminge und Mäuse gibt, gibt es auch besonders viele Greifvögel. Die kommen dann von überall hierher, weil der Tisch für sie reich gedeckt ist.

Welche Vögel ich in diesem Sommer in Lappland gesehen habe

Ich war in diesem August auch wieder in Lappland. Zum Vogelgucken ist das nicht mehr so die ideale Zeit, denn im August geht hier oben der Herbst schon los. Die meisten Vögel verlassen das Fjäll und die Gebirgswälder Lapplands schon wieder, um nach Süden zu ziehen. Aber es gab natürlich trotzdem noch genug zu sehen.

Besondere Highlights waren für mich die Moorschneehühner. Sie leben in den Tälern, während Alpenschneehühner, die es hier auch gibt, weiter oben im Gebirge leben. An einem Tag sah ich gleich zwei Trupps Moorschneehühner: erst zwei Hennen und einen Hahn und ein paar Kilometer weiter eine Henne mit mindestens zwei Küken. Sie waren so nah und unbekümmert, dass ihre leisen Kontaktrufe mir Tränchen in die Augen treten ließen.

Auf einem See entdeckte ich zwei Prachttaucher, die da ganz entspannt vor sich hindümpelten. Ich traf außerdem Dreizehenspechte, die freundlicher Weise so laut an den Bäumen tockerten, dass ich sie auch bloß nicht übersah. Es gibt hier auch viele Blaukehlchen, von denen mir einige mutig in den Weg sprangen. Ich sah außerdem Lapplandmeisen, Berghänflinge und Spornammern, die durch die Bäume turnten. Außerdem durchkreuzte ein Gerfalke den Himmel über dem Fjäll. Außerdem sah ich noch jede Menge Zilpzalpe, Bachstelzen, Bergpieper, Wiesenpieper, Rotdrosseln und Bergfinken, über die ich mich besonders gefreut habe.

Die Kolkraben, die mir täglich begegneten, machten mich nachdenklich: Wie viele Raben es bei uns in Deutschland gegeben haben muss, bevor wir sie ausgerottet haben? Die paar Kolkraben, die sich inzwischen erfreulicher Weise wieder zu uns zurückgekämpft haben, müssen nur ein müder Abklatsch sein von dem, was einmal war.

Zerbrechliches Paradies in Gefahr

Auch in Lappland ist nicht alles perfekt. Menschen machen sich immer breiter und beuten diesen Lebensraum aus. Durch die extremen Bedingungen hier ist das Ökosystem auch extrem zerbrechlich. Alle Arten sind perfekt an die extremen Bedingungen angepasst und auf sie eingestellt. Auf dieses fragile System hat die Klimakrise einen besonders großen Einfluss. Die globale Erwärmung vollzieht sich in Lappland zweimal schneller als in südlicher liegenden Gebieten und wird dementsprechend drastische Veränderungen herbeiführen. Die Wärmeperioden verschieben und verändern sich, Regen fällt stärker als früher, späte Kälteeinbrüche, Hitzewellen, Trockenheit nehmen zu. All das wirkt sich auf die Pflanzen, die Säugetiere, die Insekten und natürlich auch auf die Vögel aus.

Die Vogelwelt Lapplands zeigt schön, dass alles mit allem zusammenhängt.

Faszination Vogelzug

Viele der Arten, die in Lappland brüten, sind Vögel, die es auch in Mitteleuropa gibt oder die wir zumindest als Wintergäste kennen. Die Vogelwelt ist immer in Bewegung. Es gibt aber natürlich auch ein paar Arten, die im Winter hierbleiben. Sie sind gut an den Winter, die Dunkelheit und die Kälte angepasst.

Viele der Vögel, die in Lappland abfliegen, kommen zum Überwintern zu uns. Auch hier ist jetzt im Spätsommer schon gut zu beobachten, dass der Vogelzug langsam wieder in Schwung kommt.

Wenn du mehr dazu erfahren möchtest, komm doch zu meinem Workshop „Faszination Vogelzug“, den ich am 27. September 2024 für das Umweltzentrum Hollen gebe. Die Tickets gibt es ab sofort hier.

Vorher steigt aber noch die Superkräfte-Buchparty und zwar am 11. September 2024 direkt in deinem Wohnzimmer. Sehen wir uns da? Alle Infos und Tickets gibt es hier. Ich freue mich drauf, dich da zu sehen!

von | 6. Sep 2024 | Podcast, Vogelwissen

aktualisiert:
6. Sep 2024

Silke Hartmann, die Vogelguckerin

Schon als Kind interessierte sich Silke Hartmann für Vögel, aber kannte lange niemanden, der diese Begeisterung teilte. Um Gleichgesinnte zu finden, ging sie ins Internet und merkte schnell, dass es vielen Menschen so geht wie ihr früher. Deshalb gibt sie jetzt ihr Vogelwissen und ihre Begeisterung in Onlinekursen, ihrem Podcast „Vögel, aber cool!“, ihrem Blog und auf Instagram weiter. Ihr erstes Buch „Die Superkräfte der Vögel“ ist als „Wissensbuch des Jahres 2024“ nominiert.

Moin, ich bin Silke,

wie schön, dass du da bist! Hier berichte ich dir Wunderbares und Wundersames über Vögel und ihre Welt. Außerdem erfährst du, wie du anfängst, sie schnell selbst zu sehen und immer besser darin wirst. Komm mit auf die Reise!

Mein neues KOSMOS-Buch: „Die Superkräfte der Vögel“

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