Du hast sicher schon bemerkt: Es gibt super viele verschiedene Vogelarten! Manche kann man leicht auseinanderhalten, wie das Rotkehlchen und die Blaumeise oder die Elster und den Eichelhäher, aber andere ähneln sich sehr und lassen sich erst auf den zweiten oder dritten Blick unterscheiden. Deshalb gibt es ein Ordnungssystem, in das wir Vögel – und generell alle Lebewesen – einteilen: die biologische Systematik. Klingt kompliziert, ist aber gut zu verstehen und sehr sinnvoll.
Was ist Systematik und wozu brauchen wir sie?
Die Systematik der Biologie hilft uns, die Vielfalt des Lebens in Kategorien zu ordnen, wiederzuerkennen und besser zu verstehen.
Stell dir vor, du gehst im Park spazieren und siehst eine Vogelart, die du noch nicht kennst. Wenn du ein bisschen erfahren bist, hast du auf den ersten Blick ein paar Anhaltspunkte, die dir auf die richtige Spur helfen: Größe, Gestalt, Schnabelform. Mit diesen Merkmalen kannst du dich auf die Suche machen – und vielleicht hast du ja eine ganz neue Art entdeckt.
Würden wir einfach jede neu entdeckte Art nur beschreiben und benennen, ohne sie in das Gitter der biologischen Systematik einzuordnen, hätten wir Problem, sie wiederzufinden. Es wäre wie ein Keller voller einzelner Puzzleteile. Die Systematik ist unsere Methode, um all die Lebewesen so zu sortieren, dass wir sie leichter wiedererkennen, voneinander unterscheiden und besser verstehen können. In diesem System ist jedes Lebewesen vom kleinsten Zilpzalp und bis zum größten Kranich gewissermaßen an seinem Platz.
Die Grundlagen unserer modernen Systematik wurden von Carl von Linné (1707–1778) entwickelt. Dieses System wird mit vielen kleinen Änderungen bis heute genutzt und immer wieder an neue Erkenntnisse angepasst.
Die verschiedenen Ebenen der Systematik – Vom Allgemeinen zum Speziellen
Mit der biologischen Systematik haben wir die ganze belebte Welt um uns herum in Ebenen sortiert. Ich stelle sie mir als einer Art Trichter vor: Von oben nach unten wird es immer spezieller und genauer.
Zuerst klären wir mal, dass wir uns in der richtigen Kategorie bzw. im richtigen Reich befinden: vielzellige Tiere. Dann arbeiten wir uns über Stamm und Co. bis zur Klasse der Vögel weiter. Ab hier wird es spannend für uns.
1. Ordnung
Die Ordnung ist noch eine relativ allgemeine Ebene. Zu den Ordnungen bei Vögeln gehören beispielsweise die „Kategorien“ Sperlingsvögel, Greifvögel oder Gänsevögel. Innerhalb dieser Ordnungen lässt sich schon eine gewisse Ähnlichkeit erkennen. Sperlingsvögel beispielsweise sind typischerweise klein bis mittelgroß wie die meisten Singvögel, die wir kennen – von Zaunkönig, über die Amsel bis hin zum Kolkraben.
2. Familie
Die nächste Stufe der Systematik innerhalb der Ordnung ist die Familie. Innerhalb einer Familie ähneln sich die Arten meist schon ziemlich in ihrem Verhalten und Aussehen.
In der Ordnung der Sperlingsvögel sind also verschiedene Familien, beispielsweise die Familie der Drosseln und die der Rabenvögel. Zu den Drosseln gehört zum Beispiel die Singdrossel, aber auch die Amsel, zu den Rabenvögeln gehört die Dohle und auch der Eichelhäher.
(Zu Rabenvögeln habe ich bereits einen Beitrag geschrieben, in dem ich das mit ihrer Benennung noch einmal näher erkläre. Hier kannst du ihn lesen.)
3. Gattung
Innerhalb der Familie kommt die Gattung. Sie ist schon spezifischer. In der Familie der Drosseln gibt es die Gattung „Turdus“ (Echten Drosseln), zu der die Amsel und die Singdrossel gehören. Die Vögel innerhalb einer Gattung sind sich noch ähnlicher und oft eng miteinander verwandt.
4. Art
Die Art ist die genaueste Einheit in der biologischen Systematik. Innerhalb der Gattung gibt es oft mehrere Arten, die sich zwar ähnlich sehen, aber jeweils für sich stehen. Die Amsel (Turdus merula) und die Singdrossel (Turdus philomelos) sind zwei unterschiedliche Arten, auch wenn sie viel gemeinsam haben.
Die lateinischen Namen der Vögel
Warum sie hilfreich sind
Die eindeutige Benennung von Arten ist Teil der Systematik. Deshalb ist der lateinische Name quasi der „offizielle“ Name einer Art. Er ermöglicht es uns, auch über Sprachgrenzen hinweg ganz präzise über dieselbe Art zu reden. Aber nicht nur im internationalen Zusammenhang ist der lateinische Name wichtig. Da wir auch oft innerhalb eines Sprachraums verschiedenen Namen für eine Art haben, ist der lateinische Name sowas wie der kleinste gemeinsame Nenner, bei dem sich alle einig sind.
So heißen Amseln in manchen Regionen auch Schwarzdrosseln oder Kohlamseln. Mit dem lateinischen Namen ist eindeutig, welche Art gemeint ist. Das mag bei der Amsel noch leichter sein, aber dass „Gimpel“ und „Blutfink“ dieselbe Art bezeichnen, ist schon schwieriger zu durchschauen.
Wie sie sich zusammensetzen
Dieser lateinische Name setzt sich in der Regel aus zwei Teilen zusammen: aus der Gattung und einem typischen Artnamen. Dieses sogenannte binominale System macht die Einteilung eindeutig.
Beispiele:
- Turdus merula = Amsel
- Turdus philomelos = Singdrossel
Am Namen können wir erkennen, dass die beiden verwandt sind. Sie gehören zur Gattung Turdus.
Manchmal kommt beim lateinischen Namen noch ein dritter Teil hinzu: der Name für die Unterart. Dieser kann wichtig sein, wenn sich zum Beispiel das Aussehen von Vögeln einer Art an verschiedenen Orten unterscheidet und man präzise benennen will, welche „Version“ man gesehen hat.
Ordnung und Veränderung – Systematik im Wandel
Mit der biologischen Systematik ist es wie mit der Ordnung in meiner Sockenschublade: Sie ist nicht starr, sondern verändert sich stetig. Besonders jetzt in Zeiten der DNA-basierten Wissenschaft erkennen Forschende immer wieder neue Zusammenhänge und aktualisieren Verwandtschaftsverhältnisse. Sie ordnen eine Art neu ein, verpassen ihr einen anderen Namen oder schaffen sogar eine neue Familie.
So entwickelt sich die Systematik ständig weiter und verändert sich mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen. Je mehr wir wissen, desto genauer wird unser Bild von der Welt.
Fazit: Was du davon hast
Die biologische Systematik mag auf den ersten Blick kompliziert wirken, aber es lohnt sich, immer mal wieder einen Blick auf sie zu werfen. Sie hilft uns, die Vielfalt der Vogelwelt zu verstehen und einzuordnen. Wenn wir zum Beispiel wissen, dass zwei Vögel zur selben Familie gehören, können wir Rückschlüsse auf ihr Verhalten, ihre Ernährung und ihren Lebensraum ziehen.
Das Wissen über Verwandtschaftsverhältnisse und ihre Gemeinsamkeiten hilft auch bei der Bestimmung. Wenn du Ähnlichkeiten erkennst und einen unbekannten Vogel aufgrund einzelner Merkmale in eine Ordnung oder gar in eine Familie einordnen kannst, weißt du schneller, in welcher „Kategorie“ du nach dem mysteriösen Vogel suchen kannst. Jede Vogelart hat ihren ganz eigenen Platz im großen System der Lebewesen.
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