Winter klingt für uns zwar ziemlich karg, aber zum Vogelgucken ist der Winter eine sehr gute Zeit, besonders für Einsteigerinnen. Es gibt zwar wenige Arten zu sehen, aber die, die da sind, sehen wir gut, weil keine Blätter an den Bäumen sind und sich die Wasservögel oft in Wassermitte aufhalten. Der Winter bietet fürs Vogelgucken gute Bedingungen.
Für die Vögel ist der Winter aber eine ziemlich schwierige Zeit, auch wenn kein Schnee liegt. Die üppigen Vorräte des Herbstes sind größtenteils leergefuttert und in der kalten Zeit brauchen Vögel besonders viel Energie, um sich warmzuhalten. Die Tage sind kurz, die Nächte lang. Deshalb verbingen Vögel einen hohen Anteil der kurzen Tage mit Nahrungssuche. Dabei sind sie gut zu sehen und sie kommen uns Vogelgucker*innen auch oft näher, als wir das sonst gewohnt sind.
Hier kannst du dir den ganzen Artikel als Podcast-Folge anhören:
(meine stimmlichen Gäste in dieser Folge sind Eichelhäher, Elster, Graugänse und Kohlmeise)
Vögeln im Winter helfen
Abstand halten
Da es so eine schwierige Zeit für Vögel ist, sei bitte besonders vorsichtig, dass du sie nicht unnötig aufscheuchst. Halte auch deinen Hund wie gewohnt angeleint auf den Wegen. Jede Flucht verbraucht unnötig Energie, die erst wieder reingefuttert werden muss. Und das ist, wie gesagt, schwierig. An besonders kalten Tagen kann so ein Aufscheuchen schon mal über Leben und Tod entscheiden.
Zugvögeln brauchen jetzt jedes Gramm, das sie sich anfuttern können. Am Ende des Winters müssen sie ja schließlich den langen Weg in ihre Brutgebiete in Rekordgeschwindigkeit zurücklegen. Unnötiges Auffliegen verschwendet immer Energie und lässt die Fettreserven schmilzen. Also: Bitte nicht aufscheuchen! Halte dich von allen Vögeln fern, auch wenn sie so zutraulich wirken.
Nistkästen aufhängen
Wenn du einen Nistkasten hast, halte dich bitte auch von dem fern. Die beste Zeit einen Nistkasten zu reinigen ist im Oktober/November. Jetzt nutzen ihn Vögel schon wieder als Höhle zum Übernachten. Er bietet ihnen besonders in kalten Winternächten einen windgeschützten, sicheren Ort zum Schlafen. Dadurch sparen sie auch Energie, weil es in so einer Höhle ein paar wenige Grad wärmer ist als draußen. Und deshalb kann auch so ein Nistkasten in fies-kalten Nächten tatsächlich Vogelleben retten.
Vögel füttern
Kleine Vögel haben es bei Kälte besonders schwer. Sie verbrauchen über Nacht bis zu zehn Prozent ihres Gewichts, um sich warm zu halten. Arten wie Wintergoldhähnchen, Haussperlinge und Zaunkönige, bilden Schlafgemeinschaften und kuscheln sich eng aneinder, um sich vor der Kälte zu schützen. Einige Arten können ihren Stoffwechsel runterfahren, ihre Körpertemperatur herabsenken und fallen in eine Art Starre. So sparen sie etwas Energie ein. Aber kein Wunder, dass Vögel morgens einen mega Hunger haben!
Ein besonders guter Ort, um im Winter gut Vögel sehen zu können, ist das heimische Futterhäusschen. Und da kann richtig was los sein! TIPP: Füttern ist eine große Empfehlung von mir, aber wenn du unsicher bist oder einfach mehr wissen willst, wer was wann wie frisst, hol dir einfach meinen Guide „Vögel richtig füttern“.
Neben Futter ist Wasser auch im Winter sehr wichtig. TIPP: Wenn du in die Vogeltränke einen Korken rein tust, der im Wasser frei schwimmen kann, bleibt das Wasser auch bei niedrigen Temperaturen länger eisfrei.
Vorratshaltung bei Vögeln
Um den kalten Winter zu überstehen, haben einige Vogelarten richtig coole Strategien entwickelt. Eine davon ist Vorratshaltung.
Arten wie Eichel- oder Tannenhäher verstecken u.a. Eicheln im Boden oder in Wurzelballen, aber auch Sumpf-, Tannen-, Weiden- und Haubenmeisen und Kleiber verstecken im Herbst Samen und Kerne in Rindenspalten. Sie alle haben somit Vorratsspeicher, die sie im Winter aufsuchen und nutzen. Dabei vollbringens sie ziemlich beeindruckende Gedächtnisleistungen.
Der Tannenhäher, z.B.: Im Herbst versteckt er verschiedene Arten von Samen an mehreren tausend Orten und findet im Winter über 80 Prozent von ihnen wieder und dabei selbst die, die mittlerweile unter einer meterhohen Schneedecke verborgen sind. Mit diesem Ergebnis schlägt er jedes Eichhörnchen.
Auch Raben- und Nebelkrähen machen so etwas. z.B. mit Walnüssen. Besonders bei Schnee kann man dann schön sehen, dass sie die Verstecke sehr exakt ansteuern. Sie stochern nicht stundenlang in der Erde rum und graben das ganze Beet oder Waldstück um. Nein! Sie landen sehr präzise höchstens wenige Krähenschritte vom Versteck entfernt und picken einmal nach ihrem Vorrat.
Sie müssen also ganz exakte, dreidimensionale Karten im Kopf haben, auf denen sie ihre Verstecke speichern. Mega beeindruckend!
Ich höre und lese allerdings immer mal wieder, dass Vögel ihre Verstecke „vergessen“ würden, weil sie „nur“ 80% ihrer Vorräte wiederfänden. Dieser Interpretation kann ich mich nicht anschließen! Die meisten dieser Verstecker-Arten legen viel mehr Vorräte an, als sie brauchen. Schließlich entscheidet die Menge des Vorrats im Zweifelsfall über Leben und Tod. Und mit Verlusten und Versteckräubern muss immer gerechnet werden. Wenn die Vögel also nicht alle ihre Verstecke in dem Jahr nutzen, in dem sie sie angelegt haben, nutzen sie sie manchmal noch im Frühjahr bei der Jungenaufzucht oder sie benötigen sie schlicht einfach nicht, bevor sie keimen oder sonstwie unbrauchbar werden.
Warum frieren Enten nicht fest?
Viele Vögel entfliehen ja den Härten des Winters (Stichwort: Vogelzug). Die Vögel, die hier bleiben, sehen wir im Winter oft aufgeplustert. So rund und kugelig. Das kommt aber nicht von dem vielen Essen, das sie so futtern, sondern ist auch eine Coping-Strategie, quasi ihre Art sich wärmer anzuziehen.
Vögel plustern sich auf, um warm zu bleiben. Zwischen ihren Federn entstehen dann viele kleine Luftpolster, die die Vögel isolieren, also die Wärme am Körper halten. Der Vogel sieht dann aus wie ein Fluffball, eine kleine Knubbelkugel. Nur Schwanz, Schnabel und die Beine gucken noch hervor.
Aber was ist eigentlich mit den Beinen und Füßen? Die sind doch unbefiedert, also nackt. Frieren die Vögel da nicht? Und warum frieren Enten nicht fest, obwohl sie den ganzen Tag auf dem Eis rumstehen oder mit nassen Füßen über den gefrorenen Boden watscheln.
Enten und auch viele andere Vögel haben quasi einen eingebauten Wärmetauscher im Bein. Dadurch wird das Blut, das vom Körper kommt, extrem abgekühlt, während das aufsteigende Blut aus den Füßen auf dem Weg nach oben aufgewärmt wird. Dadurch verlieren die Vögel keine Körperwärme und frieren nicht.
Die Füße der Enten und auch anderer Vögel sind im Winter ca. 0° C kalt. Wären sie wärmer, könnte das Eis unter den Füßen der Enten und auch der Ast, auf dem ein Singvogel sitzt, durch die Fußwärme antauen, dann wieder frieren und dabei die Füße festkleben und einfrieren.
Ihr Körper bleibt also warm und ist durch die Federn gut isoliert. Ihre Füße sind dagegen kalt, so dass Singvögel und Entenvögel auch bei winterlichem Frost in der Regel nicht festfrieren. Das hat die Natur clever eingerichtet, ne?
Vogelgucken im Winter
Bei uns funktioniert dieser Wärmetauscher leider nicht, aber es lohnt sich auch bei kalten Temperaturen rauszugehen. Grade bei plötzlichen Wintereinbrüche und Temperaturschwankungen können die Vogelkarten ganz neu gemischt werden. Wasservögel, beispielsweise, fliehen weiter in den Süden, wo die Seen eisfrei sind, und aus dem Norden können weitere Vögel zu uns kommen, denen es dort zu kalt wird. Der Winter ist also auf jeden Fall eine spannende Zeit zum Vogelgucken!
TIPP: Gewässer sind jetzt ein besonders toller Ort, um Vögel zu beobachten. Viele Gänse- aber auch Entenarten aus dem Norden verbringen den Winter bei uns in Mitteleuropa. Blessgänse, Saatgänse, Nonnengänse, Tafelenten, Reiherenten, Spießenten, Schellenten oder Pfeifenten, zum Beispiel. Die Gänse triffst du besonders häufig an der Nordseeküste, aber auch am Unteren Niederrhein. Coole Enten-Überraschungen kannst du aber überall erleben! Also halte auf jeden Fall die Augen offen.
Du könntest auch noch anderen Wintergäste sehen. Seidenschwänze, Rotdrosseln und Bergfinken, zum Beispiel, und an den Küsten Schneeammern und Ohrenlerchen. Diese Arten sind bei Vogelbegeisterten besonders beliebt, weil sie so farbenfroh und spannend aussehen oder einfach nur selten zu sehen sind, so dass es immer etwas Besonders ist, sie zu sehen.
Aber auch vermeindliche Normalos wie Amseln, Rotkehlchen oder verschiedene Finkenarten kommen jetzt zusätzlich zu uns. Unsere Brut-Exemplare ziehen dann vielleicht schon weiter in den Süden und deshalb fällt das uns Menschen gar nicht so richtig auf, weil sie für uns alle gleich aussehen.
Und genau für diese Normalos möchte ich mal wieder eine Lanze brechen. Achte doch mal darauf, wie bunt und schick sie tatsächlich sind. Goldammer, Grünspecht, Stieglitze, Blaumeisen oder auch das Rotkehlchen bringen Farbe und jede Menge Leben in die grau-weiße Jahreszeit. Auch auch die anderen Vögel sind schick gemustert. Wenn du genau hinsiehst, wirst du keinen einzigen langweiligen Vogel bei uns entdecken, wetten?
Der Winter ist nicht nur eine gute Jahreszeit um das Hinsehen zu üben, sondern auch zum Hören ist es jetzt eine super Zeit. Seit der Sonnenwende im Dezember werden nicht nur die Tage wieder länger und heller, sondern es wird auch immer lauter um uns.
Langsam, aber sicher werden unsere Standvögel jetzt wieder hörbarer. Sie grooven sich ein für das große Frühlingskonzert. Deshalb ist jetzt die beste Zeit, um mit Vogelstimmen anzufangen oder wieder anzufangen. Weil wir uns ganz entspannt Vogel für Vogel einhören können, bevor das große Gesangs-Chaos wieder ausbricht und alle durcheinandersingen.
Und genau deshalb starten wir auch Ende Januar mit dem allerersten Vogelstimmen Bootcamp. An einem Wochenende trainieren wir die Gesänge von häufig zu hörenden Standvögeln und ich verrate dir die besten Techniken und die coolsten Tricks, um Vogelstimmen zu lernen. So findest du die Methode, die am besten zu dir passt, und wirst fit fürs große Frühlingskonzert!
Das Bootcamp-Wochenende wird ein großer Spaß – und es wird deinen Frühling verändern. Wenn dann in ein paar Monaten wieder alle Vögel durcheinande singen, kannst du dich entspannt zurücklehnen und dich über viele neue akustische Bekannte freuen, mit denen du dich verbunden fühlst.
Wenn du auch Lust auf einen zwitschernden, tirilierenden, fantastischen Frühling hast, komm zum →„Vogelstimmen Bootcamp: Standvögel“!
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